Untersuchungshaft
Untersuchungshaft im Strafprozess. Wann droht Untersuchungshaft, wie kann ich mich dagegen wehren und wie sollte ich mich bei einer Festnahme verhalten?
Schnell zum Inhalt:
Das schlimmste Szenario für die meisten Beschuldigten ist die Untersuchungshaft. Die Untersuchungshaft dient dem Zweck, durch sichere Verwahrung des Beschuldigten die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten oder der Gefahr weiterer Straftaten zu begegnen.
Verhaltenstipps in der Untersuchungshaft
- Keine Angaben zur Sache gegenüber Mithäftlingen oder Zellengenossen
- Post an den Verteidiger als „Verteidigerpost“ kennzeichnen
- „Verteidigungsunterlagen“ auf gesondertem Ordner schreiben und dort alle Schriftstücke zur Verteidigung aufbewahren
Voraussetzungen der Untersuchungshaft
Die Voraussetzungen der Untersuchungshaft regeln die §§ 112 ff. StPO. Der Beschuldigte muss demnach einer Tat dringend verdächtig sein, es muss weiter ein Haftgrund vorliegen und die Inhaftierung muss verhältnismäßig sein. Dringender Tatverdacht meint die große Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung.
Zu den Haftgründen der Strafprozessordnung zählen die Flucht, die Fluchtgefahr, die Verdunkelungsgefahr und die Wiederholungsgefahr.
Flucht liegt vor, wie das Wort bereits erwarten lässt, wenn der Beschuldigte sich verborgen hält oder flüchtig ist. Flüchtig ist dabei, wer seine Wohnung aufgibt, ohne eine neue zu beziehen oder sich ins Ausland absetzt mit der Folge, dass er für das Gericht und die Ermittlungsbeamten unerreichbar ist. Es reicht auch nicht aus, wenn der Beschuldigte noch postalisch erreichbar ist (LG Verden StV 86, 256).
Der häufigste Haftgrund ist hingegen die Fluchtgefahr. Die Fluchtgefahr besteht, wenn die Würdigung der Einzelheiten des Falles es wahrscheinlicher macht, dass sich der Beschuldigte dem Strafverfahren entziehen wird, als dass er sich ihm zur Verfügung halten wird (Köln StV 94, 582). Die Fluchtgefahr misst sich dabei an den verschiedensten Faktoren:
- feste familiäre Bindungen
- dauerhafte berufliche Tätigkeit
- Wohnsitz im Ausland
- gesicherte Wohnverhältnisse
- Persönlichkeit des Beschuldigten
- Vorleben, insbesondere Verhalten bei anderen Strafverfahren
- Zugehörigkeit zu kriminellen Organisationen
- Drogenmissbrauch und Glücksspiel
- Vermögen im Ausland
Die Verdunkelungsgefahr meint den dringenden Verdacht, dass der Beschuldigte auf Beweismittel einwirken wird, um die Wahrheitsermittlung zu erschweren (München NStZ 96, 403). Das Gericht erstellt eine Prognose mit Grundlage der individuellen Merkmale des Einzelfalls. Beweisanzeichen können frühere Verurteilungen wegen Aussagedelikten sein oder wenn die Lebensführung auf Täuschung, Drohung und Gewalt abgestellt ist. Das Gesetz sieht dabei konkret die Gefahr, dass Beweismittel vernichtet, verändert und unterdrückt werden. Weiter bestehe die Gefahr der unlauteren Einwirkung auf Zeugen und Mitbeschuldigte sowie die Veranlassung Anderer zu derartigem Verhalten.
Die Wiederholungsgefahr meint die Gefahr zur Begehung weiterer erheblicher Straftaten gleicher Art oder der Fortsetzung der Straftat (NStZ-RR 11, 124). Negativ wirken sich dabei einschlägige Vorstrafen aus. Anwendbar ist die Wiederholungsgefahr nur bei dem im § 112 a StPO vorgesehenen Straftatenkatalog. Umfasst sind dabei beispielsweise § 174 StGB sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen, § 226 schwere Körperverletzung, § 249 Raub, § 263 Betrug, §§ 306 bis 306 c Brandstiftungsdelikte und § 316 a räuberischer Angriff auf Kraftfahrer.
Das Gericht muss auch bei festgestelltem dringenden Tatverdacht und Vorliegen eines Haftgrundes noch die Verhältnismäßigkeit beachten. Hierbei kommt es wieder zur Gesamtschau des Einzelfalles. Insbesondere wird geprüft, ob nicht mildere Mittel in Betracht kommen. So könnten auch Meldeauflagen oder das Hinterlegen einer Kaution zur Sicherung des Verfahrens ausreichen. Es ist Aufgabe des Strafverteidigers, dem Haftrichter diese Gründe darzulegen, um die U-Haft zu verhindern.
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