Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt
( § 266a StGB )
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Wann macht sich ein Arbeitgeber wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt strafbar? Muss man Konsequenzen bei einer fehlerhaften Meldung an die Sozialversicherung befürchten?
Schnell zum Inhalt:
Eines der großen Themen in unserer Zeit ist der Arbeitnehmerschutz. Das zeigt sich unter anderem in den allseits bekannten Pflichtversicherungen und der Beitragsabführung durch Arbeitgeber. Wie wichtig dem Staat dieses Thema ist, zeigt sich an dem Straftatbestand des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB).
Die Überschrift dieses Straftatbestandes ist etwas misslungen, denn es geht nicht um die Nichtzahlung von Lohn, sondern um die Nichtabführung von Versicherungsbeiträgen durch den Arbeitgeber.
Während die meisten Pflichtwidrigkeiten mit Bußgeldern belegt werden, wird die bloße Nichtzahlung von abführungspflichtigen Beiträgen im Strafgesetzbuch unter Strafe gestellt.
Sie haben eine Vorladung wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt erhalten?
Auch beim Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt stehen wir Ihnen als Anwälte für Wirtschaftsstrafrecht engagiert und kompetent zur Seite.
Insbesondere in den folgenden Situationen sind wir als Fachanwälte für Strafrecht für Sie da:
- Vorladung von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft mit dem Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
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- Anklage der Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
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Was jetzt zu tun ist:
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Bleiben Sie ruhig und wenden Sie sich schnellstmöglich an uns als Fachanwälte für Strafrecht. Wir beraten Sie gerne.
Hier erhalten Sie allgemeine Verhaltenstipps bei Erhalt einer Vorladung als Beschuldigter oder einem Strafbefehl.
Welche Strafe droht bei Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt?
Bei Vorenthalten oder Veruntreuen von Arbeitsentgelt droht eine Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe.
Die Freiheitsstrafe kann bis zu fünf Jahre betragen und beginnt im Regelfall bei sechs Monaten.
Wann mache ich mich wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt strafbar?
Die wohl überwiegende Konstellation einer Strafbarkeit wegen Vorenthaltens oder Veruntreuens von Arbeitsentgelt ist der Fall, dass der Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält (§ 266a Abs.1 StGB).
Darüber hinaus machen sich Arbeitgeber strafbar, wenn gegenüber der zuständigen Stelle unrichtige oder unvollständige Angaben über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen gemacht werden oder sie über solche Tatsachen pflichtwidrig in Unkenntnis gelassen wird und dadurch zu zahlende Beiträge des Arbeitgebers vorenthalten werden.
Wer kann Täter sein?
Erst einmal können sich nur Arbeitgeber gemäß § 266a StGB strafbar machen.
Zu beachten ist aber: Die Norm stellt einige Personen dem Arbeitgeber gleich.
Wer ist überhaupt Arbeitgeber?
Arbeitgeber sind solche Personen, die als Dienstberechtigte auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags von einem anderen (dem Arbeitnehmer) die Erbringung von Arbeitsleistungen in persönlicher Abhängigkeit zu fordern berechtigt sind und ihm dafür zur Lohnzahlung verpflichtet sind.
Aufgrund der Prinzipien des Sozialrechts, die bei § 266a StGB leitende Funktion haben, ist dies nicht starr zu verstehen.
Vielmehr kann eine Person auch darüber hinaus als Arbeitgeber eingestuft werden, wenn z.B. der sozialrechtliche Schutz von einem Arbeitnehmer gefährdet wäre.
Gerichte müssen eine Gesamtabwägung vornehmen und blicken hierfür nicht nur in den Arbeitsvertrag und stellen die Person, die dort als Arbeitgeber eingetragen ist, als solchen fest. Die wichtigsten Aspekte für die Einstufung als Arbeitgeber, sind
- das Weisungsrecht,
- die Einbindung in eine Betrieb und
- die Zahlung von Lohn.
Welche Personen sind dem Arbeitgeber gleichgestellt?
Dem Arbeitgeber sind Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleichgestellt.
Wer ist bei der Arbeitnehmerüberlassung Arbeitgeber?
In Betracht kämen sowohl Verleiher als auch Entleiher. Es ist jedoch nur der Verleiher Arbeitgeber im Sinne des § 266a StGB.
Anders wenn die Überlassung illegal erfolgt, dann gelten beide als Arbeitgeber.
Welche Beiträge zur Sozialversicherung sind gemeint?
Gemeint sind die Gesamtsozialversicherungsbeiträge.
Welche das sind bestimmt sich nach § 28d SGB IV.
Gemeint sind also Beiträge zur Kranken-, Pflege oder Rentenversicherung sowie der Arbeitsförderung (Arbeitslosenversicherung).
Was bedeutet Vorenthalten?
Vorenthalten werden Arbeitnehmerbeiträge, wenn sie ganz oder teilweise trotz Schuld und Fälligkeit der Zahlung nicht an die zuständige Stelle abgeführt werden.
Das gilt auch, wenn der Lohn – aus welchem Grund auch immer – gar nicht gezahlt wird und daher gar keine Beiträge einbehalten worden sind. Absatz 1 stellt klar, dass das Vorenthalten sogar unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird oder nicht, strafbar ist.
Was ist Fälligkeit der Beitragszahlung und wann tritt sie ein?
Fälligkeit bedeutet schlicht der Zeitpunkt, in dem die Zahlung zu leisten ist. Es besteht keine Vorauszahlungspflicht. Fälligkeit der Beiträge tritt gemäß § 23 SGB IV in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld am drittletzten Bankarbeitstag des Monats ein, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt.
Muss man bei Schwarzarbeit Beiträge zahlen?
Auch wenn als Arbeitgeber Schwarzarbeiter beschäftigt werden, müssen Beiträge abgeführt werden. Andernfalls ist auch eine Strafbarkeit nach § 266a StGB verwirklicht. Obwohl in diesem Fall der Arbeitnehmeranteil sicherlich nicht einbehalten wird.
Strafbar ist es selbst dann, wenn die Höhe des Lohns gar nicht beweisbar ist, weil dieser schwankte oder gar nicht schriftlich fixiert ist.
Hier gilt § 14 Absatz 2 Satz 2 SGB IV: „Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.“ Als vereinbart gilt dann der branchenübliche Nettolohn. Dabei darf geschätzt werden. Im Übrigen ist hiervon auch der teilweise Schwarzlohn erfasst.
Die Zahlung muss möglich und zumutbar sein
Bisher hat sich nur gezeigt, dass die Strafbarkeit schnell eintritt und weitreichend ist. Eine Schranke, die nicht im Tatbestand steht, ist aber vorhanden: Die Abführung der Beiträge muss dem Täter möglich und zumutbar sein. Daran bestehen grundsätzlich wiederum strenge Anforderungen.
Unmöglichkeit der Zahlung
Unmöglichkeit der Zahlung liegt vor, wenn der Täter aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht zahlen kann.
Tatsächliche Gründe wären z.B. Krankheit oder Zahlungsunfähigkeit – die tritt aber nicht ein, wenn nicht alle Verbindlichkeiten erfüllt werden können; die Abführung der Beiträge hat Vorrang. Nur wenn faktisch nicht genug Mittel da sind, besteht Zahlungsunfähigkeit.
Ist die Unfähigkeit der Zahlung aber vorwerfbar also vorhersehbar eingetreten, schützt die Unmöglichkeit der Zahlung im Zeitpunkt der Fälligkeit nicht, wenn der Täter diese zumindest billigend in Kauf nahm.
Kann die vorwerfbare Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit strafbar sein?
So entschied das oberste deutsche Strafgericht – der Bundesgerichtshof – in einem Fall, in dem ein Arbeitgeber zwar de facto nicht über das nötige Geld verfügte, um die Schuld zu begleichen, die Liquiditätsprobleme jedoch weit vor Fälligkeit erkannte, keine Sicherungsmaßnahmen ergriff und in Kauf nahm, diese später nicht abführen zu können. Der Arbeitgeber muss die Möglichkeit zur Zahlung sicherstellen. Es kann von ihm auch erwartet werden, dass er gegebenenfalls Liquiditätspläne aufstellt oder das Vorhandensein von entsprechenden Rücklagen sicherstellt. (BGH, Beschluss vom 28. 5. 2002 – 5 StR 16/02 – JuS 2002, 1028)
Rechtliche Gründe wären zum Beispiel die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder wenn schon vorläufig ein Insolvenzverwalter bestellt wurde, denn dann darf nicht weiter über das eigene Vermögen verfügt werden.
Die Zahlung muss zumutbar sein
Zumutbarkeitsgesichtspunkte spielen nur eine untergeordnete Rolle.
Besonders prekäre Situationen können sie ausschließen – so etwa, wenn der Lebensbedarf nicht gedeckt werden könnte.
Das Vorenthalten von Arbeitgeberbeiträgen (§ 266a Abs.2 StGB)
Der Arbeitgeber macht sich nicht nur strafbar, wenn er Beiträge des Arbeitnehmers nicht abführt, sondern auch dann, wenn er durch „Täuschung“ selbst zu tragende Beiträge der zuständigen Stelle vorenthält, unabhängig davon, ob dem Arbeitnehmer ein Lohn gezahlt wurde.
Welcher Arbeitgeberbeiträge sind nicht erfasst?
Ausgenommen sind aber die vom Arbeitgeber zu tragenden Beiträge bei geringfügig Beschäftigten in Privathaushalten.
Was sind sozialversicherungspflichtige Tatsachen?
Nach § 266a Abs. 2 StGB müssen entweder unrichtige oder unvollständige Angaben über sozialversicherungspflichtige Tatsachen gemacht werden oder über solche pflichtwidrig in Unkenntnis gelassen werden.
Die gemeinten Tatsachen sind alle, von denen das Bestehen der Beitragspflicht oder die Höhe der Beiträge abhängt.
Wann sind Angaben unrichtig oder unvollständig?
Unrichtig sind Tatsachen, wenn sie nicht mit der Wahrheit übereinstimmen.
Unvollständig sind sie, wenn die in einer den Anschein der Vollständigkeit erweckenden Erklärung enthaltenden Angaben zwar für sich betrachtet richtig sind, durch Weglassen anderer erheblicher Tatsachen aber insgesamt ein falsches Bild vermittelt wird.
Ist eine Strafbarkeit auch möglich, wenn man schweigt?
Strafbar macht sich auch, wer eine Pflicht zur Mitteilung der Tatsachen hat und diese dennoch nicht mitteilt. Primär kommen hier die Pflichten des § 28a SGB IV in Betracht. § 28a SGB IV regelt bestimmte Meldepflichten insbesondere des Arbeitgebers, zum Beispiel die Meldung der Anschrift des Versicherten bei dessen Anmeldung oder den Beginn der Beschäftigung des Versicherten.
Das Einbehalten von sonstigen Lohnanteilen (§ 266a Abs.3 StGB)
Als letzte Möglichkeit kann eine Strafbarkeit auch eingreifen, wenn Beiträge vom Arbeitnehmer einbehalten werden, die dieser an andere zu zahlen hat und diese nicht zahlt und dem Arbeitnehmer, in dem Zeitpunkt, in dem die Zahlung zu leisten ist, davon nicht berichtet.
Kann ich der Bestrafung durch nachträgliche Zahlung entgehen?
Unter bestimmten Voraussetzungen (§ 266a Abs.6 StGB) ist dies möglich.
Danach kann das Gericht von der Strafe absehen.
Je nachdem, welche der erörterten Handlungen verwirklicht wurden, muss zunächst schnellstmöglich nach Fälligkeit der Zahlung, der Einzugsstelle die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitgeteilt werden und zusätzlich erklärt werden, warum die Zahlung trotz ernsthaften Bemühens nicht möglich waren.
Wurde das getan und zudem auf eine durch die Einzugsstelle bestimmten Frist auch tatsächlich gezahlt, besteht die Möglichkeit, dass man nicht bestraft wird. Obwohl das Gesetz eine Frist von der Einzugsstelle voraussetzt, wird man selbstverständlich auch dann straffrei, wenn die Beträge ohne eine solche beglichen werden.
Es wird deutlich, dass die Strafbarkeit wegen dem Vorenthalten oder Veruntreuen von Arbeitsentgelt von vielen individuellen Faktoren abhängt.
Für eine erfolgreiche Verteidigung bedarf es der Einzelfallprüfung und der spezifischen Fachkenntnis eines Fachanwalts für Strafrecht. Wir stehen Ihnen mit unserer langjährigen Erfahrung gerne zur Seite.
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