Störung der Religionsausübung
( § 167 StGB )
Welche Tätigkeiten sind von der Religionsausübung erfasst? Muss ein Gottesdienst in einer Kirche stattfinden? Ab wann kann von einer strafbaren „Störung“ die Rede sein?
Schnell zum Inhalt:
Die Ausübung der eigenen Religion hat für viele Menschen elementare Bedeutung. Die Glaubensfreiheit ist daher auch in Artikel 4 des Grundgesetzes festgehalten. Dennoch finden sich in den Medien immer wieder Berichte über Vorkommnisse, bei denen Gläubige an der Ausübung ihres Glaubens gehindert wurden. Um die religiöse Betätigung vor Beeinträchtigungen zu bewahren, hat der Gesetzgeber die Störung der Religionsausübung in § 167 StGB unter Strafe gestellt.
Internationale Beachtung fand in diesem Zusammenhang der Fall der russischen Punk-Band „Pussy Riot“, die im Jahr 2012 in einer Kirche in Moskau ein sogenanntes „Punk-Gebet“ veranstalteten und dafür später vor Gericht gestellt wurden.
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Welche Strafe droht für die Störung der Religionsausübung?
Das Gesetz sieht für eine Störung der Religionsausübung in § 167 StGB eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor.
Wann macht man sich wegen Störung der Religionsausübung strafbar?
Wann man sich wegen einer Störung der Religionsausübung strafbar macht, geht nicht unmittelbar aus der amtlichen Überschrift der Strafnorm hervor.
Die Strafnorm enthält genau genommen zwei voneinander zu trennende Tatbestände. Zum einen steht die Störung des Gottesdienstes unter Strafe. Zum anderen macht man sich strafbar, wenn man an einem Ort, der dem Gottesdienst gewidmet ist, beschimpfenden Unfug verübt.
Dabei ist zu beachten, dass dem Gottesdienst eine Feier einer im Inland bestehenden Weltanschauungsvereinigung gleichsteht.
Welche Handlungen stehen genau unter Strafe?
Das Gesetz stellt in § 167 StGB zunächst die absichtliche und grobe Störung eines Gottesdienstes oder einer gottesdienstliche Handlung einer Religionsgesellschaft unter Strafe.
Daneben wird das Verüben beschimpfenden Unfugs an einem Ort, der dem Gottesdienst gewidmet ist, bestraft.
Was versteht man unter einem Gottesdienst?
Unter einem Gottesdienst versteht man die Zusammenkunft mehrerer Mitglieder einer Religionsgesellschaft zum Zwecke der gemeinsamen Andacht und Anbetung Gottes nach den Vorschriften und Formen der jeweiligen Gemeinschaft. Die Frage, ob die Voraussetzungen eines Gottesdienstes vorliegen, bestimmt sich im Einzelfall nach dem Verständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft. Ein Gottesdienst liegt jedoch dann nicht mehr vor, wenn nicht die Andacht, sondern politische Zwecke im Vordergrund stehen.
Ist auch eine religiöse Lehrveranstaltung ein Gottesdienst?
Nein. Religiöse Lehrveranstaltungen erfüllen nicht die Voraussetzungen eines Gottesdienstes im Sinne des Straftatbestandes der Störung der Religionsausübung. Dies betrifft beispielsweise den Konfirmandenunterricht, Koranschulen oder Vorträge zu religiösen Themen.
Muss der Gottesdienst zwingend in einer Kirche stattfinden?
Nein. Ein Gottesdienst muss nicht zwingend in einer Kirche stattfinden. Ein Gottesdienst kann beispielsweise auch im Freien abgehalten werden.
Was versteht man unter einer gottesdienstlichen Handlung?
Unter einer gottesdienstlichen Handlung versteht man ein konkretes Ritual, das dem Bedürfnis des einzelnen Religiösen dienen soll.
Beispiele für gottesdienstliche Handlungen sind …
- eine Taufe
- eine kirchliche Trauung
- eine Bestattung
Was versteht man unter einer Feier einer im Inland bestehenden Weltanschauungsvereinigung?
Bei einer Weltanschauungsvereinigung handelt es sich – wie der Name schon sagt – um einen Zusammenschluss von Menschen, die sich die Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen. Dazu zählen beispielsweise die Freimaurer oder auch die Humanistische Union.
Eine Feier einer solchen Vereinigung muss gemäß § 167 Absatz 2 StGB einem Gottesdienst gleichstehen (um durch § 167 StGB geschützt zu werden). Wann dies der Fall ist, muss im jeweiligen Einzelfall entschieden werden. Es wird jedenfalls gefordert, dass die Feier der kultischen Pflege der Weltanschauung dient.
Wann werden diese Veranstaltungen oder Handlungen in grober Weise gestört?
Ein Gottesdienst, eine gottesdienstliche Handlung oder eine Feier einer Weltanschauungsvereinigung wird in grober Weise gestört, wenn der vorgesehene Ablauf einer solchen Veranstaltung beeinträchtigt wird. Dabei ist unerheblich, ob die Beeinträchtigung durch Teilnehmer der Veranstaltung oder durch Dritte erfolgt.
Ob es sich um eine grobe Störung handelt, ist vom Einzelfall abhängig und kann sich aus der Art oder dem Zeitpunkt der Beeinträchtigung bzw. der im Ergebnis eingetretenen Störung ergeben.
Das Vorliegen einer groben Störung hängt nicht davon ab, dass die Veranstaltung unterbrochen wird.
Beispiele für eine grobe Störung können sein:
- Lärmbelästigung
- andauernde Zwischenrufe
- Werfen von Gegenständen
Nicht ausreichend ist jedenfalls die Störung von nur einzelnen Teilnehmern.
Mache ich mich strafbar, wenn ich nur versehentlich einen Gottesdienst störe?
Nein. Der Täter macht sich nur dann strafbar, wenn er die Störung absichtlich herbeiführt. Es muss ihm also gerade darauf ankommen.
Was ist ein dem Gottesdienst gewidmeter Ort?
Ein Ort ist dann dem Gottesdienst gewidmet, wenn die wesentliche Bestimmung des Ortes darin besteht, dass in diesem Gottesdienste stattfinden. Typischerweise sind davon die Räumlichkeiten einer Kirche, Moschee oder Synagoge umfasst. Dies gilt auch dann, wenn diese Orte gelegentlich für andere Zwecke genutzt werden.
Die Voraussetzungen der strafbaren Störung der Religionsausübung nach § 167 StGB sind nicht erfüllt, wenn der Ort nur gottesdienstlichen Handlungen gewidmet ist.
Wann wird beschimpfender Unfug verübt?
Beschimpfender Unfug wird an einem Ort, der dem Gottesdienst gewidmet ist, dann verübt, wenn jemand ein ungehöriges Verhalten zeigt. Dieses muss eindeutig eine Missachtung der Bedeutung des entsprechenden Ortes darstellen.
Eine solche Missachtung kann zum Beispiel bei folgenden Handlungen vorliegen:
- Beschädigung von Gegenständen, die für den Gottesdienst eine hohe Bedeutung haben
- Beschmieren von Wänden
- Ausführung von Liegestützen auf dem Altar einer Kirche (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 15.05.2018, Az. Ss 104/17)
Nicht ausreichend ist allerdings die alleinige Missachtung von Kleidungsvorschriften.
Für die Beurteilung, ob eine Handlung diese Voraussetzungen erfüllt, kommt es immer auf den jeweiligen Einzelfall an. Dies kann also ein Anknüpfungspunkt für eine effektive Strafverteidigung sein. Solche Besonderheiten des Einzelfalls zu erkennen und die Verteidigung danach anzupassen, bedarf spezifischer Fachkenntnisse, wie denen eines Anwalts für Strafrecht.
Mache ich mich strafbar, wenn ich den beschimpfenden Unfug versehentlich verübe?
Nein. Eine Strafbarkeit wegen der Verübung beschimpfenden Unfugs setzt Vorsatz voraus. Da die Abgrenzung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit aber im Einzelfall mit Schwierigkeiten verbunden sein kann, empfiehlt sich die frühzeitige Hinzuziehung eines versierten Strafverteidigers.
Eine Strafbarkeit wegen der Störung der Religionsausübung ist immer vom jeweiligen Einzelfall abhängig, sodass eine frühzeitige und umfassende Beratung durch einen fachkundigen Strafverteidiger für eine effektive Verteidigung unerlässlich ist. Als Strafverteidiger und Fachanwälte für Strafrecht stehen wir Ihnen im gesamten Strafverfahren mit unserer Erfahrung und Fachkompetenz gerne zur Seite.
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