Urheberrecht: Kein Lichtbildschutz bei technischer Reproduktion von Grafik
Sachverhalt: Onlineshop-Betreiber verwendet Produktfotografie eines anderen Shops
Die Klägerin bietet im Internet u.a. auf einer Handelsplattform Multimediadatenträger verschiedenster Art an. Zur optisch ansprechenden Präsentation fügt die Klägerin ihren Angeboten Produktfotos bei, die in der Regel das Cover der Verpackung zeigen. Dies geschieht dadurch, dass ein Mitarbeiter der Klägerin ein Foto von den entsprechenden Produkten erstellt und das Foto mit einem Wasserzeichen mit der Aufschrift … versieht. Unter anderem wurde so das Bild einer PDF-Software erstellt.
Auch die Beklagte bietet im Internet Datenträger für Software zum Verkauf an. Für ein Verkaufsangebot der o.g. PDF-Software übernahm sie das für die Klägerin hergestellte Foto der Produktdarstellung mit der zugehörigen Aufschrift … .
Daraufhin wurde die Beklagte von der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben abgemahnt. Gleichzeitig verlangte sie neben der Abgabe einer Unterlassungserklärung und Auskunftserteilung auch die Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 612,80 Euro netto, berechnet nach einem Gegenstandswert von 7.500 Euro.
Die Beklagte beauftragte ihrerseits einen Anwalt mit der rechtlichen Prüfung der Abmahnung, wies diese sodann zurück und verlangte ihrerseits die Erstattung der ihr entstandenen Anwaltskosten i.H.v. 612,80 Euro.
Die Klägerin nahm zunächst die Beklagte durch Klage auf Unterlassung, Auskunft und Erstattung vorgerichtlicher Kosten in Anspruch.
Daraufhin erhob die Beklagte Widerklage und machte die Erstattung ihrer Anwaltskosten geltend.
Nachdem die Klägerin ihre Klage zwischenzeitlich zurücknahm, hatte das LG München I nunmehr nur noch über die Widerklage zu entscheiden.
Entscheidung: Technische Reproduktion von 2-dimensionaler Grafik unterfällt nicht dem Lichtbildschutz
Das LG München I gab der Klage der Beklagten auf Erstattung der ihr für die Abwehr der Abmahnung entstandenen Anwaltskosten statt, da die Abmahnung unbegründet war, vgl. § 97 Abs. 4 UrhG.
Dies folgt daraus, dass der Klägerin mangels Urheberrechtsverletzung kein Anspruch auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz gem. §§ 97 Abs. 1, 97a UrhG gegen die Beklagte zusteht.
Zunächst führt das LG aus, dass schon kein Lichtbildwerk vorliege, da die Klägerin dies nach dem Vorbringen der Beklagten nicht weiter behauptet hat, sodass bereits nur eine technische Leistung und keine künstlerische vorliege.
Darüber hinaus komme auch ein Lichtbildschutz nicht in Betracht. Zwar sind Lichtbilder und ihnen ähnliche Erzeugnisse gemäß § 72 Abs. 1 UrhG geschützt. Unter solchen Lichtbildern sind Fotographien unabhängig von der zugrundeliegenden Aufnahmetechnik zu verstehen. Die ihnen ähnlichen Erzeugnisse, sind die Ergebnisse solcher Verfahren, bei denen ein Bild unter Benutzung strahlender Energie erzeugt wird.
Vorliegend erfülle eine bloße technische Reproduktion einer bestehenden Grafik indes nicht das Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung und genieße daher keinen Lichtbildschutz. Die Klägerin habe insoweit nicht vorgetragen, worin ein erheblicher Aufwand bei der Erstellung gelegen habe. Insbesondere liege lediglich eine 2-dimensionale Vervielfältigung vor. Diese sei in Bezug auf Belichtung und Wahl des Darstellungswinkels wesentlich einfacher zu bewerkstelligen, als wenn ein Produkt in einer Weise fotografiert wird, welche es in seinen 3 Dimensionen erkennen lässt.
Weiter führt das LG aus, dass die Einschaltung des Beklagtenvertreters auch erforderlich war, da aus der Sicht eines vernünftigen Teilnehmers am Rechtsverkehr in der Situation der Beklagten die Beauftragung eines Anwalts zur Prüfung der Abmahnung die kostengünstigste Variante war.
Schließlich seien die zugrunde gelegten Kosten der Höhe nach angesichts des etwas komplexeren Sachverhalts nicht zu beanstanden, sodass der Beklagten im Ergebnis der mit der Klage geltend gemachte Erstattungsanspruch zustehe.
Fazit: LG differenziert zwischen technischer Art der Vervielfältigung
Das Urteil des LG zeigt über den Umweg der Widerklage auf, welche Anforderungen an den Lichtbildschutz einer Grafik bei dessen Vervielfältigung zu stellen sind. Insbesondere wenn der Urheber keine Argumentation zum tatsächlichen Aufwand der Erstellung ins Feld führt, kann das Gericht diesen Aufwand nach objektiven und technischen Kriterien bewerten.