Wettbewerbsbeschränkende Absprachen
bei Ausschreibungen ( § 298 StGB )
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Absprachen bei Ausschreibungen in Vergabeverfahren wann strafbar? Wettbewerbswidriges Verhalten bei Ausschreibungen strafbar?
Schnell zum Inhalt:
Ausschreibungsverfahren, insbesondere solche im Hinblick auf Aufträge der öffentlichen Hand, folgen bestimmten Regeln. Es entsteht ein Wettbewerb. Der freie Wettbewerb innerhalb dieses Vorgangs muss geschützt werden.
Dieser Schutz ist sogar strafrechtlich abgesichert, indem es mit Strafe bedroht ist, wenn ein Angebot im Rahmen einer solchen Ausschreibung abgegeben wird, dieses aber auf einer rechtswidrigen Absprache beruht, die gerade darauf abzielt, dass der Auftraggeber bzw. Veranstalter das abgegebene Angebot annimmt (Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen, § 298 StGB). Denn durch solche rechtswidrigen Absprachen ist der freie Wettbewerb in solchen Situationen beeinträchtigt.
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Vorladung erhalten wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen – Was jetzt zu tun ist:
Wie hoch ist die Strafe für wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen?
Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen sind grundsätzlich gem. § 298 Abs.1 StGB mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht.
Wann macht man sich wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen strafbar?
Eine Geld- der Freiheitsstrafe wegen wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen droht dann, wenn jemand ein Angebot abgibt im Rahmen bestimmter Ausschreibungen oder im Rahmen der freihändigen Vergabe eines Auftrages nach einem Teilnahmewettbewerb (Abs.2) und dieses Angebot aufgrund einer rechtswidrigen, auf Veranlassung des Veranstalters zur Annahme des Angebots gerichteten, Absprache beruht (§ 298 StGB).
Eine Strafbarkeit wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen bejahte der Bundesgerichtshof (BGH) zum Beispiel in einem Fall, in dem die Angeklagten mit anderen Bauunternehmern eine Absprache trafen im Hinblick auf die Höhe der abzugebenden Gebote im Rahmen von Ausschreibungen. Hintergedanke der Absprachen war die Verschaffung von Vorteilen in Gestalt des Erhalts des Zuschlags im Rahmen der Ausschreibung (BGH, Beschluss v. 17.10.2013 – 3 StR 167/13 in NJW 2014, 400).
Welche Ausschreibungen sind gemeint?
Gegenstand eines Ausschreibungsverfahrens in diesem Sinne ist die Aufforderung durch einen Auftraggeber (Veranstalter) an entsprechende Anbieter zur Abgabe eines Angebots in Bezug auf die gewünschte Dienstleistung oder Warenlieferung. Es handelt sich also um Vergabeverfahren bezüglich dieser Waren bzw. Dienstleistungen.
Diese Ausschreibungen haben zur Folge, eine Art Wettbewerb für die in Frage stehende Ware bzw. Dienstleistung in diesem Sinne zu schaffen. Es soll ein Marktpreis für die Ware bzw. Dienstleistung festgestellt werden.
Wettbewerbsbeschränkende Absprachen, die nach § 298 StGB eine Strafbarkeit begründen können, greifen dann in diesen „freien Wettbewerb“ ein und beeinflussen sie. Deswegen sind sie mit Strafe bedroht. Um diesen „normalen“ Wettbewerb, den Markt und die in diesem Zusammenhang stehende Entstehung von Preisen zu schützen (vgl. BGH, Beschluss v. 17.10.2013 – 3 StR 167/13 in NJW 2014, 400).
Dabei gibt es verschiedene Ausschreibungsverfahren für öffentliche Aufträge, z.B. offene oder nicht offene Verfahren oder Verhandlungsverfahren (vgl. § 119 Abs.1 GWB). Teilweise richtet sich das Verfahren nicht nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, sondern anderen Vorschriften, die VOB/A bzw. VOL/A. Vgl. BGH, Beschluss v. 17.10.2013 – 3 StR 167/13 in NJW 2014, 400.
Ausschreibungen in diesem Sinne sind nicht nur solche, die zunächst allen zugänglich sind, sondern können gegebenenfalls auch solche sein, bei denen der Kreis möglicher Adressaten bzw. Teilnehmer von Anfang an begrenzt ist bzw. bestimmten Schranken unterliegt, also an nur bestimmte Unternehmen gerichtet ist (vgl. BGH, Beschluss v. 17.10.2013 – 3 StR 167/13 in NJW 2014, 400).
Diese Ausschreibungen müssen außerdem nicht zwingend von einem öffentlichen Auftraggeber initiiert worden sein. Auch Personen des Privatrechts (insb. private Unternehmer) können grundsätzlich solche Ausschreibungen vornehmen.
Gem. § 298 Abs.2 StGB droht eine Strafbarkeit auch dann, wenn Angebot und Absprache nicht im Rahmen einer Ausschreibung, sondern einer freihändigen Vergabe des Auftrags stattfinden, soweit vor dieser Vergabe ein Teilnahmewettbewerb stattfand.
Was ist eine Absprache in diesem Sinne?
Im Zusammenhang mit diesem Ausschreibungsverfahren muss nun eine Absprache stattfinden. Diese muss gem. § 298 Abs.1 StGB darauf gerichtet sein, dass der Veranstalter (Auftraggeber) ein bestimmtes Angebot annimmt.
Diese Absprache findet zwischen Beteiligten im Wettbewerb (der im Rahmen der Ausschreibung entstanden ist) statt, und hat zum Gegenstand, dass die Beteiligten sich darüber absprechen, wie sie sich im Rahmen dieses Wettbewerbs verhalten werden, welches Angebot abgegeben wird.
Solche Absprachen müssen nicht zwingend zwischen Beteiligten getroffen werden, die untereinander im Wettbewerb stehen. Auch Absprachen in vertikaler Richtung, also zwischen einem Wettbewerber (Anbietender) und dem Auftraggeber (Veranstalter) können unter die Strafnorm des § 298 StGB fallen. Vgl. BGH, Beschluss v. 25.07.2012 – 2 StR 154/12.
Tauschen die Beteiligten nur Informationen miteinander aus, ist das noch nicht als wettbewerbsbeschränkende Absprache bei Ausschreibungen zu werten.
Wann ist eine Absprache rechtswidrig?
Die Absprache muss rechtswidrig sein (§ 298 Abs.1 StGB). Dies ist nicht in dem Sinne zu verstehen, dass sie dann nicht rechtswidrig ist, wenn jemand zum Beispiel in Notwehr gehandelt hat. Vielmehr ist der Begriff der Rechtswidrigkeit im kartellrechtlichen Sinne zu verstehen. Es muss also ein Verstoß gegen das Kartellrecht, genauer gesagt gegen entsprechende Vorgaben des GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) bzw. entsprechende europarechtliche Vorgaben (insb. des AEUV) bestehen.
Wodurch macht man sich wegen wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibungen strafbar?
Zu beachten ist, dass nicht die Ausschreibung oder die Absprache strafbewehrt ist. Mit Strafe bedroht ist die in diesem Zusammenhang erfolgte Abgabe des Angebots.
Das Angebot muss dabei vereinfacht ausgedrückt eine hinreichend deutliche Bereiterklärung zur Erbringung der gewünschten Leistung zu einem bestimmten Preis sein.
Abgegeben ist das Angebot in diesem Sinne dann, wenn es dergestalt zum Empfänger gelangt, dass mit der Kenntnisnahme durch den Empfänger und damit der Berücksichtigung des Angebots durch den Auftraggeber gerechnet werden kann.
Dass das Angebot fehlerhaft ist, ist nicht schädlich. Selbst dann nicht wenn es derart fehlerhaft ist, dass es eigentlich nicht im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens berücksichtigt werden dürfte. Auch in diesem Fall, kann eine Strafbarkeit wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen drohen. Vgl. BGH, Beschluss v. 17.10.2013 – 3 StR 167/13 in NJW 2014, 400.
Wichtig ist, dass die Abgabe dieses Angebots und die Absprache kausal miteinander zusammenhängen müssen. Das Angebot muss also gerade aufgrund der Absprache abgegeben werden. Ohne Absprache kein Angebot.
Außerdem muss die Absprache auch gerade darauf gerichtet gewesen sein, dass ein solches Angebot abgegeben wird.
Kann man sich strafbar machen, wenn ein solches Angebot abgegeben wurde ohne dass zuvor eine Ausschreibung erfolgte?
Nein. Es ist notwendig, dass überhaupt eine Ausschreibung stattfand. Zu beachten ist hier natürlich, dass gem. § 298 Abs.2 StGB eine freihändige Auftragsvergabe nach Durchführung eines Teilnahmewettbewerb einer Ausschreibung in diesem Zusammenhang gleichzusetzen ist.
Kann man sich auch strafbar machen, wenn das abgegebene Angebot nicht angenommen wird?
Ja. Der Straftatbestand der wettbewerbsbeschränkenden Absprache bei Ausschreibungen fordert nicht, dass ein solches abgegebenes Angebot vom Veranstalter angenommen wird. Vielmehr ist bereits die Abgabe des Angebots mit Strafe bedroht.
Wer kann sich wegen wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibungen strafbar machen?
Grundsätzlich kann sich jeder (der die vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt) wegen wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibungen strafbar machen.
Zu beachten ist insbesondere, dass sich auch zum Beispiel der Veranstalter strafbar machen kann und nicht allein derjenige, der das Angebot selbst abgibt (BGH, Beschluss v. 25.07.2012 – 2 StR 154/12 in NJW 2012, 3318).
Kann eine wettbewerbsbeschränkende Absprache bei Ausschreibungen straflos bleiben?
Ja, das ist möglich. Trotz Begehung der Straftat der wettbewerbsbeschränkenden Absprache bei Ausschreibungen, kann man straflos bleiben. Dies ist aber kein „Geschenk des Himmels“. Hierfür muss der Beschuldigte etwas getan haben.
Nämlich entweder …
- das freiwillige Verhindern der Annahme des Angebots durch den Veranstalter oder der Leistungserbringung durch den Veranstalter
oder
- für den Fall, dass dies schon ohne ein Handeln des Beschuldigten eintritt, muss der Beschuldigte sich freiwillig und ernsthaft um die Verhinderung bemüht haben.
(vgl. § 298 Abs.3 StGB)
Zu betonen ist, dass in beiden Fällen eine Straflosigkeit nur dann in Betracht kommt, wenn der Täter freiwillig gehandelt hat. Wurde er zur Verhinderung gezwungen, wird er nicht straflos.
Zu beachten ist ferner, dass diese Anforderungen nur zu einer Straflosigkeit wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen führen. Etwaige andere begangene Straftaten in diesem Zusammenhang betrifft dies also nicht.
Insbesondere Vorwürfe im Wirtschaftsstrafrecht können auf sehr komplexen Sachverhalten basieren. Es können feine Details, scheinbare Kleinigkeiten gar, eine große Bedeutung haben. Diese zu erkennen und eine Verteidigungsstrategie zu erarbeiten bedarf spezifischer Fachkenntnis und Berufserfahrung nicht nur im „Allgemeinen Strafrecht“, sondern auch speziell im Wirtschaftsstrafrecht. Sollten Sie eine polizeiliche Vorladung als Beschuldigter oder bereits eine Anklage von der Staatsanwaltschaft mit dem Vorwurf der wettbewerbsbeschränkenden Absprache bei Ausschreibungen erhalten haben, sollten Sie sich bestenfalls an einen Anwalt für Wirtschaftsstrafrecht wenden. Dieser wird nach Analyse der Ermittlungsakten eine für Ihren Fall geeignete Verteidigungsstrategie erarbeiten.
■ IM VIDEO ERKLÄRT:
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