Ist der Beifahrer auf dem Blitzerfoto erkennbar, kann dieses verwertet werden

04. Januar 2016

Der Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Oldenburg hatten im Rahmen einer Rechtsbeschwerde Az.: 2 Ss OWI 20/15 zu entscheiden, ob das Foto eine Beifahrers zur Ermittlung des Fahrers verwertet werden durfte.

Ablauf des Blitzerverfahrens

Der Angeklagte erhielt eine Geldbuße über 150 €, da er dabei erwischt wurde wie er den erforderlichen Abstand zu dem PKW vor ihm nicht eingehalten hat. Der Bußgeldadressat wandte sich gegen den Bescheid mit dem Argument nicht der Fahrer gewesen zu sein. Das für das ordnungswidrigkeitsverfahren zuständige Amtsgericht hatte diesen Fall nun zu verhandeln. Aus den Akten ergab sich das die Fotoaufnahme der Fahrers tatsächlich keine eindeutige Identifizierung dessen zulässt.

Der Einzelrichter des Strafgerichts griff daraufhin in die juristische Trickkiste und stellte einen Querverweis über die gut zu erkennende Tochter des Angeklagten auf dem Beifahrersitz her. Das juristisch Interessante ist die Frage, ob das Foto der Beifahrerin für das Verfahren gegen den Fahrer verwendet werden durfte. Die Beifahrerin berief sich auf ihr Recht zu informationellen Selbstbestimmung und betonte keine Verdächtige in diesem Verfahren zu sein. Das Amtsgericht entsprach dem nicht und zog das Bild der Beifahrerin mit in die Beweiswürdigung ein. Gegen die Verurteilung wendete sich der Angeklagte an das OLG Oldenburg

Die Entscheidung des Senats

Der Senat sah in dem konkreten Fall durchaus Nachholbedarf im Rahmen der Beweiserhebung und hob das Urteil des Amtsgericht Bersenbrück auf. Juristisch spannend nahm der Senat jedoch ausführlich Stellung zur Einbeziehung von Bildaufnahmen des Beifahrers. Zunächst gilt der § 100 h Absatz 1 StPO als Eingriffsgrundlage, da er regelt, dass auch ohne Wissen des Betroffenen außerhalb von Wohnungen Bildaufnahmen hergestellt werden dürfen. Das Bundesverfassungsgericht bejahte in diesem Zusammenhang zwar einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, sah diesen jedoch im Rahmen der Strafverfolgung als gerechtfertigt an.

Die Besonderheit im vorliegenden Fall liegt in der Verwertung der Bildaufnahme eines Dritten. Der § 100 h Absatz 3 StPO regelt dies mit dem Wortlaut: Die Maßnahmen dürfen auch durchgeführt werden, wenn ein Dritter unvermeidbar betroffen werden. Der Senat sieht die Beweisverwertung durch diese Vorschrift gedeckt, da bei der Fertigung des Lichtbilds keine Möglichkeit bestehe nur den Fahrer abzubilden. Ausdrücklich offen lässt der Senat jedoch, ob es zulässig ist das Bild ohne Unkenntlichmachung der Beifahrerin zu übernehmen. Diese Frage wäre jedoch höchst klärungsbedürftig.

Fazit aus dem Urteil zur Wertung des Beifahrers auf dem Blitzerfoto

Die Verwertung des Fotos eines Beifahrers stellt einen grundrechtlichen Eingriff in die Rechte des Beifahrers da. Grundsätzlich haben die Behörden die Beifahrerseite unkenntlich zu machen. Wenn dies nicht geschehen ist und das Bild vollständig in die Akte gelangt ist es daher auch verwertbar. Die Anforderungen an ein Beweisverwertungsverbot werden mit dieser Entscheidung weiter nach oben gesetzt.

Foto: © fotolia.com – S. Engels

 
Für weitere Fragen berät Sie Rechtsanwalt Benjamin Grunst gern zu Fragen des Ordnungswidrigkeiten- und Verkehrsstrafrechts.

Ihre Ansprechpartner

RA Benjamin Grunst

Rechtsanwalt u. Partner

Benjamin Grunst

Fachanwalt für Strafrecht | Zertifizierter Verteidiger für Wirtschaftsstrafrecht (DSV e. V.)

E-MAIL SCHREIBEN

RA Sören Grigutsch

Rechtsanwalt

Sören Grigutsch

Fachanwalt für Strafrecht

E-MAIL SCHREIBEN

Prof.Dr. Thomas Bode

Of Counsel

Prof. Dr. Thomas Bode

Professor für Strafrecht- und Ordnungswidrigkeitenrecht

E-MAIL SCHREIBEN

RA Michael Voltz

Rechtsanwalt

Michael Voltz

angestellter Rechtsanwalt der Kanzlei BUSE HERZ GRUNST und Standortleiter München

E-MAIL SCHREIBEN

RA Jens Wilke

Rechtsanwalt

Jens Wilke

Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Strafrecht

E-MAIL SCHREIBEN

Vincent Trautmann

Rechtsanwalt

Vincent Trautmann

angestellter Rechtsanwalt der Kanzlei BUSE HERZ GRUNST

E-MAIL SCHREIBEN

Bewertungen auf Proven Expert

BUSE HERZ GRUNST
Rechtsanwälte PartG mbB

Bahnhofstraße 17
12555 Berlin
Telefon: +49 30 513 026 82
Telefax: +49 30 51 30 48 59
Mail: [email protected]

Weitere Standorte:

Kurfürstendamm 11
10719 Berlin
Telefon: +49 30 513 026 82
Telefax: +49 30 51 30 48 59
Mail: [email protected]

Alter Wall 32
20457 Hamburg
Telefon: +49 40 809 031 9013
Fax: +49 40 809 031 9150
Mail: [email protected]

Antonienstraße 1
80802 München
Telefon: +49 89 74055200
Fax: +49 89 740552050
Mail: [email protected]