Google Autocomplete verletzt Persönlichkeitsrechte
Negative Suchvorschläge löschen lassen

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In diesem Beitrag soll es darum gehen, dass sich natürliche Personen und Unternehmen nicht lediglich gegen ehrverletzende, unwahre und reputationsschädigende Webseiteninhalte, sondern bereits gegen derartige negative automatisierte Suchvorschläge erfolgreich zur Wehr setzen können.

Was ist Autocomplete und wie funktioniert es?

Um den Nutzern den Zugang zu den gewünschten Informationen zu erleichtern, existieren im Webdesign zwei wesentliche Arten der Autovervollständigung von Suchanfragen: Autosuggest und Autocomplete.

Unter einer Autocomplete-Funktion wird in Fachkreisen das Anbieten von Suchvorschlägen während der Tastatureingabe im Suchfeld verstanden, die die eingegebenen Worte ggf. anpasst und den gesamten Vorgang vor allem beschleunigen soll. Diese Funktion dürfte aus Autokorrektur-Hilfen verschiedenster Messenger-Dienste bekannt sein und sorgt nicht selten für Frustration und peinliche Wortverwechsler im Chat.

Die Autosuggest-Funktion dagegen ist benutzerfreundlicher, kommt auch in Messenger-Diensten zur Anwendung, spielt jedoch vor allem im Rahmen der Nutzung von Suchmaschinen eine übergeordnete Rolle. Auch hier handelt es sich um eine Software, deren Algorithmus Suchvorschläge während der Texteingabe anbietet. Allerdings werden die Vorschläge in einem Extrabereich unter dem Suchfeld aufgelistet und sollen so vor allem den Nutzern eine Hilfe sein, welche sich noch nicht ganz im Klaren darüber sind, wonach sie eigentlich suchen.

Dass Google sein seit 2009 angebotenes Autosuggest-Feature „Google autocomplete” genannt hat, kann dabei in Anbetracht der eigentlich unterschiedlichen zugrundeliegenden Designs für Verwirrung sorgen. Der dahintersteckende Algorithmus wird allerdings anhand derselben gesammelten Daten erstellt, weshalb der Name kein Kopfzerbrechen verursachen muss und die synonyme Bezeichnung im allgemeinen Sprachgebrauch vollkommen akzeptabel ist. 

Der Algorithmus wird anhand verschiedener Nutzerdaten erstellt. Eine Rolle spielen dabei die aktuelle Sucheingabe, die Eingabesprache, der aktuelle Standort, der eigene Suchverlauf, die Suchanfragen anderer Nutzer und aktuelle Trends.

Rechtsverletzung durch Autocomplete – Kann eine Software Persönlichkeitsrechte verletzen?

 Der BGH hatte in seiner Autocomplete-Entscheidung bereits 2013 festgestellt, dass eine Autovervollständigungs-Software durchaus Persönlichkeitsrechte verletzen kann. Sowohl das durch die Rechtsprechung entwickelte Allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG von natürlichen Personen als auch das Unternehmenspersönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG kann verletzt werden, wenn bei der Eingabe des Namens oder der Firma Vorschläge angeboten werden, die unwahre Tatsachen nahelegen oder die Grenzen von Beleidigungen und Schmähkritik überschreiten.

Doch inwiefern kann eine bloße Wortkombination ehrverletzend sein? Ein Beispiel zur Veranschaulichung: In der Autocomplete-Entscheidung des BGH ging es darum, dass bei der Eingabe eines Klarnamens automatisch die negativ konnotierten Begriffe „Betrug“ und „Scientology“ vorgeschlagen wurden. Weder stand der Kläger in Verbindung mit Scientology noch war der Betrugsvorwurf begründet. Die Kernfrage, die sich in diesem Kontext für das Bestehen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung gestellt hatte, war die nach der objektiven Erkennbarkeit hinsichtlich einer Verbindung der Begriffe mit dem Namen des Klägers.

Der BGH stellte entgegen der Ansicht der Beklagten fest, dass ein eingegebener Suchbegriff und die ergänzend vorgeschlagenen Begriffe objektiv erkennbar inhaltlich miteinander verbunden sind und sich aus der Kombination ein neuer Aussagegehalt ergibt. Der Nutzer als unvoreingenommenes und verständiges Publikum versteht die autocomplete-Vorschläge demnach als „inhaltlich weiterführende, ergänzende Suchvorschläge“, die nicht getrennt vom eingegebenen Suchbegriff interpretiert werden können. Der Einwand von Google, dass die Vorschläge lediglich Hinweise auf das Rechercheverhalten anderer Nutzer liefern würden, schließt aus allgemeiner Lebenserfahrung nicht aus, dass ein tatsächlicher inhaltlicher Zusammenhang besteht oder zumindest gerüchteweise angenommen wird. Schließlich indiziert die Häufigkeit von Klicks und kombinierten Suchbegriffen eine „erhöhte Relevanz der Informationsverknüpfung“ (vgl. BGH, Urteil v. 14.05.2013, Az.: VI ZR 269/12).

Aufgrund des unwahren Tatsachengehalts erkannte der BGH eine Persönlichkeitsrechtsverletzung an und stellte sich im nächsten Schritt die Frage, inwiefern der Suchmaschinenbetreiber für von einer Software generierte Suchvorschläge in die Haftung genommen werden kann.

Haftung des Suchmaschinenbetreibers: Suchvorschläge löschen lassen

Vorab: Bei der Autocomplete- bzw. Autosuggest-Funktion handelt es sich um eine von und im Auftrag von dem jeweiligen Suchmaschinenbetreiber entwickelten Software und nicht etwa um eine externe Dienstleistung.

Steht nun fest, dass eine Rechtsverletzung vorliegt, muss die Frage geklärt werden, wer für den Inhalt der automatischen Vorschläge verantwortlich ist und auch haftet. Einerseits greift der Algorithmus das Nutzerverhalten, basierend auf Standort, Sprache, Aktualität etc., auf und gibt somit im Grunde lediglich Inhalte Dritter wieder. Man könnte annehmen, dass es sich also um fremde Informationen handelt.

Andererseits, und diese Ansicht ist nach der Rechtsprechung vorzuziehen, handelt es sich nicht um eine bloße zufällige Wiedergabe von Informationen Dritter, sondern um Ergebnisse, die sich aus einer eigenen Auswertung des Autocomplete-Hilfsprogramms ergeben und im Netz zum Abruf bereitgehalten werden. Es wird eben nicht lediglich durchgeleitet oder zwischengespeichert, sondern aktiv Datenhoheit ausgeübt. Durch die Zwischenschaltung des Algorithmus ist der Suchmaschinenbetreiber nun unmittelbar kausal verantwortlich.

Aus dieser Erkenntnis ergibt sich ein großes Problem: Normalerweise wird ein Suchmaschinenbetreiber als Intermediär, also als reiner Weiterleiter, gem. § 7 Abs.1 DDG iVm Artikel 6 Verordnung (EU) 2022/2065 in die privilegierte Haftung genommen, wenn Suchergebnisse rechtsverletzend sind:

„(1) Bei der Durchführung eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der in der Speicherung der von einem Nutzer bereitgestellten Informationen besteht, haftet der Diensteanbieter nicht für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen, sofern er

a) keine tatsächliche Kenntnis von einer rechtswidrigen Tätigkeit oder rechtswidrigen Inhalten hat und sich in Bezug auf Schadenersatzansprüche auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen eine rechtswidrige Tätigkeit oder rechtswidrige Inhalte offensichtlich hervorgeht, oder 

b) sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein erlangt, zügig tätig wird, um den Zugang zu den rechtswidrigen Inhalten zu sperren oder diese zu entfernen.

(Artikel 6 Abs.1 Verordnung (EU) 2022/2065)

 

Privilegiert meint in diesem Zusammenhang folglich, dass ein Suchmaschinenbetreiber als Hostprovider („host“ engl. für „Gastgeber“; „provider“ engl. für „Anbieter“) nicht für fremde Informationen verantwortlich ist. In die Haftung kann ein Hostprovider erst dann genommen werden, sobald dieser Kenntnis von der Rechtswidrigkeit erlangt hat. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass einen Hostprovider auch keine präventive Forschungs- oder Überwachungspflicht trifft.

Aber vorliegend haben wir festgestellt, dass eine Rechtsverletzung vorliegt, die durch den Provider selbst und mit seinen eigenen Inhalten verursacht wurde. Wie haftet bspw. Google nun? Die Antwort fand sich bis Mai 2024 recht ausdrücklich in § 7 Abs. 1 TMG, der eine Haftung von Providern für eigene Inhalte nach den allgemeinen Gesetzen vorsah. Das TMG trat aber nun im Mai 2024 außer Kraft und das „Nachfolgegesetz“ – das Digitale-Dienste-Gesetz – enthält diese Regelung nicht mehr und konzentriert sich im Wesentlichen auf die Regelungen zur Haftungserleichterung von Providern. Viel spricht aber dafür, dass es bei einer Haftung für eigene Inhalte bleibt, insbesondere auf der ansonsten entstehenden Haftungslücke.

Google ist also in Bezug auf die automatisierten Suchvorschläge kein Host-, sondern ein Contentprovider („content“ engl. für „Inhalt“). Stellt ein Contentprovider seinen eigenen Inhalt ins Netz, ist er dafür voll verantwortlich und kann sich auf kein Haftungsprivileg berufen. Betroffene haben nach entsprechender Glaubhaftmachung einen Anspruch auf Löschung des rechtsverletzenden Inhalts. Mithin muss Google hier kein Verschulden oder Kenntnis von der Rechtsverletzung vorliegen haben, um in die äußerungsrechtliche Verbreiterhaftung genommen zu werden. Betroffene haben nach entsprechender Glaubhaftmachung einen Anspruch auf Löschung des rechtsverletzenden Inhalts. Für die Praxis ergibt sich allerdings ein anderes Problem: Wie weit reicht denn nun die Haftung des Suchmaschinenbetreibers?

Kann man präventive Prüfungsmaßnahmen verlangen?

Sobald es um den Umfang der Haftung geht, müssen stets die widerstreitenden Grundrechtspositionen berücksichtigt werden. Persönlichkeitsrechte kollidieren vorliegend mit der Meinungs- und wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Suchmaschinenbetreibers aus Art. 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 und 14 GG. Der BGH erkannte im Zuge der Ermittlung des Haftungsumfangs, dass es unzumutbar wäre und die Funktionsfähigkeit einer Suchmaschine als schnellen Informationsquell erheblich einschränken würde, wenn ihr vorangestellte Prüfungspflichten hinsichtlich der vom Algorithmus generierten Suchergänzungsvorschläge auferlegt werden würden. Zumal dann stets im Zweifelsfall mehr Inhalte als zwingend notwendig der Löschung zum Opfer fielen und in der Folge der objektiven Meinungsbildung entschieden vorgegriffen werden würde.

Zwar verfügen Suchmaschinenbetreiber über bestimmte Filterfunktionen zur Erkennung von rechtswidrigen Inhalten; jedoch beschränken sich diese im Fall von Google auf gefährliche, belästigende, hasserfüllte, sexuell explizite, terroristische, gewaltverherrlichende sowie vulgäre und obszöne Inhalte. Diese Inhalte verstoßen gegen die Autovervollständigungsrichtlinien von Google und werden mit eigenen Algorithmen gefiltert, wobei es auch hier im Zweifel auf den Einzelfall und die richtige Kontextualisierung ankommt. Diese Filterfunktionen reichen jedoch nicht aus, um unwahre Tatsachen oder ehrverletzende Inhalte zu erkennen und auszublenden, sodass die Suchmaschinenbetreiber praktisch doch analog wie die Störer gem. § 10 TMG (a.F.) haften: Und zwar erst ab Kenntniserlangung von der konkreten Rechtsverletzung. Ab diesem Zeitpunkt sind sie verpflichtet, die Rechtsverletzung zu beseitigen und präventive Vorkehrungen zu treffen, um ihren Unterlassungspflichten nachzukommen. Kommen sie diesen Prüfungspflichten jedoch nicht nach, kann neben dem ohnehin bestehenden Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch noch ein sanktionierender Anspruch auf Geldentschädigung und ggf. auf Erstattung der Anwaltskosten hinzutreten.

(Anmerkung: Zwar gilt § 10 TMG seit Mai 2024 mit dem Außer Kraft Treten des TMG nicht mehr. Aufgrund der sehr starken inhaltlichen Nähe zwischen § 10 TMG a.F. und der Nachfolgevorschrift § 7 Abs.1 DDG iVm Art. 6 Abs.1,Abs.2 Verordnung (EU) 2022/2065 spricht aber viel dafür, dass diese genannten Lösungsansätze weiter gelten.)

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Die spezialisierten Anwälte der Kanzlei BUSE HERZ GRUNST stehen Ihnen im Falle von negativen und reputationsschädigenden Autocomplete-Suchvorschlägen jederzeit gern zur Verfügung.

Um ein schnelles Tätigwerden zu ermöglichen, teilen Sie uns idealerweise gleich im Rahmen Ihrer Anfrage Folgendes mit:

 

  • Den einzugebenden Suchbegriff und exemplarisch die entsprechenden Suchvorschläge
  • Welche Suchvorschläge sind aus Ihrer Sicht hierbei unwahr?
  • Welche Suchvorschläge verletzen Sie aus Ihrer Sicht in Ihren (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechten?
  • Seit wann haben Sie Kenntnis von den streitgegenständlichen Suchvorschlägen?

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