Lebensgefährdende Notwehr
gegen schmerzhafte Schläge

YouTube - Kanal

der BUSE HERZ GRUNST Rechtsanwälte

Youtube Kanal BUSE HERZ GRUNST

Medienauftritte

der BUSE HERZ GRUNST Rechtsanwälte

Medienauftritte
Bewertungen auf ProvenExpert

Podcast - Anwaltsprechstunde

der BUSE HERZ GRUNST Rechtsanwälte

Podcast Anwaltssprechstunde

Medienauftritte

der BUSE HERZ GRUNST Rechtsanwälte

Medienauftritte
Bewertungen auf ProvenExpert
Startseite » Anwalt Strafrecht » Strafverfahren alle Themen von Ablauf bis zur Zeugnisverweigerung » Notwehr » Lebensgefährdende Notwehr gegen schmerzhafte Schläge

Am 12.04.2016 befasste sich der Bundesgerichtshof (Az. 2 StR 523/15) mit der Frage, ob die Notwehr in diesem konkreten Fall durch ein Näheverhältnis und krasses Missverhältnis eingeschränkt werden muss.

Letztendlich kam er zum Ergebnis, dass eine lebensgefährliche Notwehrhandlung gegen schmerzhafte Schläge gegenüber einem Mitbewohner keins dieser beiden Punkte ausreichend erfüllt.

Sachverhalt: Wenn der Mitbewohner sein „Crack“ nicht teilen möchte

Der Angeklagte und das Opfer lebten in einer vorübergehenden Wohngemeinschaft zusammen. Als aus dem Wohnzimmer Geräusche eines klickenden Feuerzeuges zu vernehmen waren, ging der Angeklagte davon aus, das Opfer möchte sich eine Portion „Crack“ zubereiten und hat nicht vor diese mit ihm zu teilen.

Der aus diesem Grund in Wut geratene Angeklagte eilte ins Wohnzimmer und fing an mit der flachen Hand auf die Brust des Opfers einzuschlagen. Dieser litt ohnehin immer mal wieder an Brustschmerzen. Die Schläge des Angeklagten führten zu einer erneuten Auslösung dieser Schmerzwellen. Da der Angeklagte dem Opfer körperlich überlegen war, sah dieser keine andere Möglichkeit als ein Messer zu greifen und mit diesem dem Angreifer zu drohen.

Der Angeklagte ließ sich davon nicht beeindrucken und fuhr mit seinen Schlägen fort. Er hört auch nicht auf, als das Opfer anfing mit dem Messer auf seine Arme einzustechen. Erst als das Opfer zu Boden ging und daraufhin ungezielt und wuchtig zweimal auf den Oberkörper des Angeklagten einstach, ließ dieser von dem Opfer ab.

Die Messerstiche trafen den Herzmuskel und den Magen des Angeklagten. Als das Opfer sah, dass der Angriff nun beendet ist, rief er einen Rettungswagen für den Angeklagten, wodurch dieser gerettet werden konnte.

Das Opfer selber erlitt keine nachhaltigen Verletzungsfolgen.

Entscheidung: Obwohl der Angreifer lebensgefährlich verletzt wurde und der Angegriffene keine nachhaltigen Schäden erlitten hat, liegt keine Unverhältnismäßigkeit vor

Dass es sich hierbei um einen versuchten Totschlag seitens des Opfers handelte, war für den BGH unstreitig. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass dieser aus Notwehr handelte, schließlich hat der Angeklagte zuerst angegriffen.

Geprüft wurde zunächst, inwieweit die Verteidigungshandlung erforderlich gewesen ist und ob ein milderes Mittel hätte gewählt werden müssen.

Grundsätzlich gilt, dass der Angegriffene sich nicht auf Risiken einzulassen hat. Er ist dazu berechtigt das Abwehrmittel zu wählen, welches ein endgültiges Beseitigen der Gefahr gewährleistet. Nur wenn mehrere gleich effektive Abwehrmittel zur Verfügung stehen, ist der Abwehrende dazu verpflichtet das am wenigsten gefährliche zu verwenden.

In diesem Fall war der Angeklagte dem Opfer körperlich überlegen, weshalb dieser den Angriff nicht ohne Verwendung des Messers abwenden konnte.

In solch einer Konstellation, ist der Verteidiger zunächst dazu verpflichtet den Gebrauch der Waffe gegen den unbewaffneten Angreifer anzudrohen und einen weniger gefährlichen als den lebensbedrohenden Einsatz zu versuchen.

Auch diesen Anforderungen wird das Opfer in diesem Fall gerecht. Er droht dem Angeklagten zunächst mit dem Messer und als dieser unbeeindruckt mit den Schlägen weiter macht, sticht das Opfer in die Arme. Erst als auch dies keine Wirkung zeigt, werden die Stiche lebensbedrohlich in den Oberkörper des Angreifers gestochen.

Unter diesen Umständen ist es nicht ersichtlich, welche milderen Mittel er vorher noch hätte ergreifen können, um den Angriff mit hinreichender Sicherheit zu beenden.

Da die Verteidigungshandlung erforderlich gewesen ist, ist nun festzustellen, ob diese auch geboten war.

Die Gebotenheit ist dann zu verneinen, wenn ein besonderes Näheverhältnis zwischen den Beteiligten gegeben ist. Der BGH macht hier allerdings deutlich, dass eine Wohngemeinschaft nicht unter ein solches Näheverhältnis zu subsumieren ist. Eine solche sozialethische Einschränkung des Notwehrrechts ist nur in Fällen einer engen familiären Verbundenheit oder eheähnlichen Lebensgemeinschaft möglich.

Die viel interessantere Frage war jedoch, ob zwischen dem Angriff und der Verteidigung ein krasses Missverhältnis gegeben ist.

Zwar ist grundsätzlich beim Notwehrrecht keine Abwägung zwischen dem angegriffenem Rechtsgut und dem verteidigten Rechtsgut erforderlich, dies gilt jedoch nicht, wenn eine offensichtliche Unverhältnismäßigkeit gegeben ist.

Der BGH verneint hier aber eine Unverhältnismäßigkeit schon allein auf Grundlage der zur Tatzeit bestehenden Schmerzen im Brustbereich des Opfers.

Auch die Tatsache, dass das Opfer keine nachhaltigen Verletzungsfolgen in Form von später noch anhaltenden Schmerzen, Hämatomen oder Blutungen erlitten hat, ergibt sich nicht, dass er sich zur Tatzeit um ein Bagatellangriff handelte.

Durch die Verneinung eines krassen Missverhältnisses ist eine sonstige Abwägung der beiden Handlungen nicht vorzunehmen.

Im Ergebnis war damit der versuchte Totschlag des Opfers durch Notwehr gemäß § 32 StGB gerechtfertigt.

Fazit: Grundsätzlich hat niemand Verletzungen am eigenen Körper hinzunehmen

Dieses Urteil zeigt nochmal deutlich, dass eine Gebotenheit der Notwehr nur in Fällen einer besonderer persönlicher Beziehungen angenommen werden kann. Dies wären beispielsweise enge familiäre Verbundenheit oder eheähnliche Lebensgemeinschaften.

Auch ein krasses Missverhältnis kann nicht ohne weiteres das Notwehrrecht des Verteidigers einschränken. Es sind hohe Anforderungen zu stellen und dabei reicht es nicht aus, wenn die Verteidigung lebensgefährlich ist, wohingegen der körperliche Angriff keine nachhaltigen Verletzungsfolgen mit sich führt.

Nehmen Sie jetzt Kontakt zum Anwalt Ihres Vertrauens auf

Wenden Sie sich für weitere Fragen gerne an unsere Kanzlei und vereinbaren Sie einen Beratungstermin per Telefon, per Videoanruf oder vor Ort in unseren Standorten in Berlin, Hamburg und München. Wir stehen Ihnen effizient mit jahrelanger Expertise zur Verfügung.

    Kontaktformular

    mit * gekenzeichnete Felder müssen ausgefüllt werden.

    Möchten Sie uns gleich ein Dokument übermitteln? *
    janein
    Hier können Sie eine Abmahnung, Anklage oder ein anderes Schreiben als Anhang beifügen: (Erlaubte Dateitypen: jpg | jpeg | png | gif | pdf / Dateigrösse: max. 12 MB)
    Ihre Nachricht an uns:

    Ihre Ansprechpartner

    RA Benjamin Grunst

    Rechtsanwalt u. Partner

    Benjamin Grunst

    Fachanwalt für Strafrecht | Zertifizierter Verteidiger für Wirtschaftsstrafrecht (DSV e. V.)

    E-MAIL SCHREIBEN

    RA Sören Grigutsch

    Rechtsanwalt

    Sören Grigutsch

    Fachanwalt für Strafrecht

    E-MAIL SCHREIBEN

    Prof.Dr. Thomas Bode

    Of Counsel

    Prof. Dr. Thomas Bode

    Professor für Strafrecht- und Ordnungswidrigkeitenrecht

    E-MAIL SCHREIBEN

    RA Michael Voltz

    Rechtsanwalt

    Michael Voltz

    angestellter Rechtsanwalt der Kanzlei BUSE HERZ GRUNST und Standortleiter München

    E-MAIL SCHREIBEN

    RA Jens Wilke

    Rechtsanwalt

    Jens Wilke

    Fachanwalt für Verkehrsrecht
    Fachanwalt für Strafrecht

    E-MAIL SCHREIBEN

    Vincent Trautmann

    Rechtsanwalt

    Vincent Trautmann

    angestellter Rechtsanwalt der Kanzlei BUSE HERZ GRUNST

    E-MAIL SCHREIBEN

    Bewertungen auf ProvenExpert

    BUSE HERZ GRUNST
    Rechtsanwälte PartG mbB

    Bahnhofstraße 17
    12555 Berlin
    Telefon: +49 30 513 026 82
    Telefax: +49 30 51 30 48 59
    Mail: [email protected]

    Weitere Standorte:

    Kurfürstendamm 11
    10719 Berlin
    Telefon: +49 30 513 026 82
    Telefax: +49 30 51 30 48 59
    Mail: [email protected]

    Alter Wall 32
    20457 Hamburg
    Telefon: +49 40 809 031 9013
    Fax: +49 40 809 031 9150
    Mail: [email protected]

    Antonienstraße 1
    80802 München
    Telefon: +49 89 74055200
    Fax: +49 89 740552050
    Mail: [email protected]