Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch Bürgermeister,
was kann ich tun?
Die klassischen Problemstellungen des Äußerungsrechts und einer damit einhergehenden Persönlichkeitsrechtsverletzung betreffen in der Regel Streitigkeiten zwischen Privatrechtssubjekten und sind somit dem zivilrechtlichen Medienrecht zuzuordnen. So wehren sich beispielsweise Privatpersonen oder Personen des öffentlichen Lebens gegen rufschädigende und ehrverletzende Äußerungen durch Dritte oder die Presse. Unternehmerinnen und Unternehmer sehen sich z.B. mit geschäftsschädigenden Bewertungen auf großen Bewertungsplattformen konfrontiert und versuchen dagegen anzukämpfen.
Diese Fallkonstellationen spiegeln jedoch noch lange nicht die gesamte Dimension des Äußerungsrechts wieder. Gerade in Wahlkampfzeiten kann es durchaus passieren, dass sich Politikerinnen und Politiker, die ein öffentliches Amt bekleiden, zu persönlichkeitsrechtsverletzenden Handlungen hinreißen lassen. Häufig wird es dabei um öffentlich getätigte Äußerungen gehen.
Amtliche Erklärungen und Äußerungen eines Amtsträgers, die in Zusammenhang mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben stehen, unterfallen nach ständiger Rechtsprechung jedoch nicht dem Zivilrecht, sondern dem öffentlichen Recht. Welche Besonderheiten oder auch Gemeinsamkeiten sich dabei ergeben und wie man sich gegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen von einem Bürgermeister oder Politiker wehren kann, soll im folgenden Beitrag dargestellt werden.
Welche Ansprüche habe ich gegen einen Bürgermeister & Co.?
Steht eine Persönlichkeitsverletzung im Raum, ist die/der Betroffene auch bei Anwendung des öffentlichen Rechts nicht schutzlos gestellt, sondern kann beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auf etliche Ansprüche zurückgreifen.
1. Unterlassung der amtlichen Äußerungen
Hauptaugenmerk liegt dabei zunächst auf dem sogenannten Unterlassungsanspruch, der verhindern soll, dass die gerügte Äußerung oder eine andere Verhaltensweise getätigt (vorbeugender Unterlassungsanspruch) oder in Zukunft wiederholt wird.
Die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruches unterscheiden sich dabei grundsätzlich nicht nennenswert von denjenigen im zivilrechtlichen Medienrecht. Es bedarf auch hier zunächst eines Eingriffes in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs.1 GG bzw. Art. 2 Abs.1, 19 Abs.3 GG im Falle der Betroffenheit juristischer Personen. Die Schwelle zur Bejahung eines Eingriffes ist nicht hoch. Es ist bereits ausreichend, wenn die Interessen der Betroffenen in irgendeiner Art und Weise spürbar beeinträchtigt sind. Dies ist beispielweise der Fall, wenn Äußerungen geeignet sind, sich abträglich auf das Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken.
Dieser Eingriff muss jedoch auch rechtswidrig sein. Während im Zivilrecht eine umfassende Einzelfallabwägung zwischen den widerstreitenden Interessen in Form des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG und der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG auf der anderen Seite vorgenommen wird, gestaltet sich die Vorgehensweise im öffentlich Recht etwas anders. Zwar kommt es auch hier für die Bestimmung der maßgeblichen Prüfungskriterien zunächst darauf an, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung handelt. Gerade im Bereich der Meinungsäußerung gibt es jedoch gravierende Unterschiede wie sich noch zeigen wird.
Die Abgrenzung einer Tatsachenbehauptung von einer Meinungsäußerung vollzieht sich im öffentlichen Recht nicht anders als im Zivilrecht. Verwunderlich ist dies nicht, da die Gerichte in der Regel auf die Rechtsgrundlagen des zivilrechtlichen Unterlassungsanspruches durch eine analoge Anwendung zurückgreifen. Eine Tatsachenbehauptung liegt vor, wenn die streitgegenständliche Äußerung einer Überprüfung durch Beweismittel zugänglich ist, der Aussagegehalt somit auf seine Richtigkeit objektiv im Rahmen einer Beweiswürdigung überprüft werden kann. Meinungsäußerungen sind hingegen durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägt und deshalb einem objektiven Richtigkeitsbeweis nicht zugänglich (vgl. VG Regensburg, Urteil v. 10.12.2009 – RO 3 K 08.1960).
Bei Tatsachenbehauptungen ist für die Rechtswidrigkeit des Äußerung der Wahrheitsgehalt von entscheidender Bedeutung. Äußerungen, die wahr sind, werden sich die Betroffenen in der Regel gefallen lassen müssen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass auch isoliert für sich wahre Behauptungen ein unwahres Bild der Wirklichkeit ergeben können, wenn wichtige Teile des Geschehens nicht bzw. nur verzerrt wieder gegeben werden oder auch für sich unwahre Behauptungen durch spätere Erklärungen zu recht gerückt werden können und somit ihren ehrverletzenden Charakter verlieren oder in diesem abgeschwächt werden (vgl. VG Regensburg, Urteil v. 10.12.2009 – RO 3 K 08.1960). Diese Grundsätze unterscheiden sich dabei nicht von denjenigen im Zivilrecht.
Anders ist dies jedoch im Falle von Meinungsäußerungen. Während diese in zivilrechtlichen Streitigkeiten einen besonders hohen Schutz durch die von Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Meinungsfreiheit erfahren, können sich der Bürgermeister oder andere Amtsträger in Ausübung ihrer staatlichen Funktion nicht auf diese berufen.
Vielmehr bedürfe es nach Auffassung des VGH München der Wahrung des Kompetenzrahmens sowie des Sachlichkeitsgebotes, was verlange, dass die jeweilige Äußerung in einem konkreten Bezug zur Erfüllung einer gemeindlichen Aufgabe steht, Wertungen auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern fußen und weder auf sachfremden Erwägungen beruhen noch den sachlich gebotenen Rahmen überschreiten (vgl. VGH München Beschl. v. 24.5.2006 – 4 CE 06.1217, BeckRS 2009, 37019, beck-online).
Gerade Äußerungen, die im Vorfeld von Wahlen getätigt werden, müssen sich zudem an dem sogenannten Neutralitätsgrundsatz messen lassen. Der auf dem Gedanken der Chancengleichheit der Parteien beruhende Grundsatz staatlicher Neutralität knüpft an den Gedanken an, dass der Staat – insbesondere durch Leistungsgewährung wie etwa bei der Parteienfinanzierung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2004 – 2 BvR 383/03 -, BVerfGE 111, 54, 104 ff.) oder durch öffentliche Äußerungen im Vorfeld von Wahlen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. März 1977 – 2 BvR 424/75 -, BVerfGE 44, 124, 138 ff., 144 ff.) – in den Wettbewerb der politischen Willensbildung nicht eingreifen soll und in diesem Sinne insbesondere die vorgefundene Wettbewerbslage nicht verfälschen darf (vgl. OVG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 14.9.2012 – 1 S 127/12, BeckRS 2012, 57001, beck-online). Ob eine Verletzung des Neutralitäts- oder Sachlichkeitsgebotes im konkreten Einzelfall gegeben ist, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern bedarf stets einer sorgfältigen anwaltlichen Prüfung des vorliegenden Sachverhalts.
Zuletzt setzt der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch das Bestehen einer Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr (vorbeugender Unterlassungsanspruch) voraus. Da der vorbeugende Unterlassungsanspruch in der Praxis eher selten relevant ist, soll sich nachfolgend nur auf das Tatbestandsmerkmal der Wiederholungsgefahr konzentriert werden.
Im Zivilrecht und dabei vor allem im Wettbewerbsrecht ist für das Entfallen der Wiederholungsgefahr in der Regel die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung geschuldet. Im Rahmen einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verpflichtet sich der Unterlassungsschuldner zur Unterlassung einer bestimmten Verhaltensweise und verspricht im Falle des Verstoßes gegen diese Verpflichtung die Zahlung einer Vertragsstrafe. Die Abgabe einer einfachen Unterlassungserklärung ohne Strafversprechen räumt die Wiederholungsgefahr grundsätzlich nicht aus.
Dieses Dogma gilt im öffentlichen Recht so nicht. Gibt der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin keine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, kann dies allenfalls ein Indiz für das Bestehen einer Wiederholungsgefahr sein. Auch hier sind stets die konkreten Umstände des Einzelfalls zu betrachten. So wurde beispielweise in einem Verfahren, welches unsere Kanzlei vor dem VG Potsdam betreut hat, die Abgabe einer einfachen Unterlassungserklärung als ausreichend erachtet, um eine Wiederholungsgefahr auszuräumen. Dass hier Unterschiede zwischen den Rechtsgebieten gemacht werden, ist nachvollziehbar, da man von einer staatlichen Behörde eher erwarten kann, dass sie sich an ihre Erklärungen hält als dies beispielweise bei einer Privatperson zu erwarten wäre.
2. Widerruf der amtlichen Äußerungen
Im Falle der Aufstellung unwahrer Tatsachenbehauptungen steht den Betroffenen nach ständiger Rechtsprechung ferner ein Widerrufsanspruch zu, welcher nach erfolgreicher gerichtlicher Durchsetzung den Anspruchsgegner dazu verpflichtet, die streitgegenständliche Äußerung unter Nutzung des gleichen Mediums als unwahr zu widerrufen.
Hinsichtlich der Rechtsgrundlage des Widerrufanspruches besteht Uneinigkeit. Einige wenden auch hier § 1004 BGB analog an, andere leiten den Widerrufsanspruch direkt aus den Grundrechten oder dem öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch ab. Dies ist jedoch eine dogmatische Frage, die sich in der Praxis für die Betroffenen einer eheverletzenden Äußerung eines Bürgermeisters nicht auswirkt. Wichtig ist allein, dass die Existenz des Widerrufsanspruches anerkannt ist.
Ist die streitgegenständliche Äußerung als Meinungsäußerung zu qualifizieren, scheidet ein Anspruch auf Widerruf wie im Zivilrecht aus. Dies überzeugt, da eine Meinung, die auf einer subjektiven Wertung beruht nicht als falsch widerrufen werden kann.
3. Erstattung der anwaltlichen Abmahnkosten/Geldentschädigung
Liegt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, haben die Betroffenen in zivilrechtlichen Konstellationen über §§ 677, 683, 670 BGB oder § 823 BGB einen Erstattungsanspruch im Hinblick auf die anwaltlichen Abmahnkosten sowie im Falle einer besonders schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung unter Umständen Anspruch auf eine Geldentschädigung.
Diese Rechtsinstitute können nicht ohne Weiteres auf öffentlich-rechtliche Sachverhaltskonstellationen übertragen werden. Hier ist vielmehr anhand der einschlägigen staatshaftungsrechtlichen Gegebenheiten – insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG – zu prüfen, ob vergleichbare Ansprüche in Betracht kommen.
Wer ist der Anspruchsgegner: Bürgermeister, Behörde oder Gemeinde?
Amtliche Erklärungen oder Äußerungen eines Amtsträgers unterfallen dem öffentlichen Recht, wenn sie im Zusammenhang mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben ergehen (vgl. BayVGH, B. v. 25. Mai 2010 – 7 ZB 09.2655 – juris Rn. 18). Dies hat zur Folge, dass das Rechtsträgerprinzip des § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gilt, das heißt, dass eine auf eine Leistung der öffentlichen Hand gerichtete Klage gegen die Körperschaft zu richten ist, die nach dem materiellen Recht verpflichtet ist, den geltend gemachten Leistungsanspruch zu erfüllen (vgl. Meissner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. EL 2014, § 78 Rn. 48; vgl. VG München, Urt. v. 18.03.2015 – M 7 K 14.3011).
Äußert sich der Bürgermeister beispielweise in seiner Funktion als Leiter der Gemeindeverwaltung, ist die Gemeinde der richtige Anspruchsgegner und nicht der Bürgermeister selbst (vgl. VGH Baden-Würtemberg, Urt. v. 18.11.1991 – 1 S 1088/90).
Der Anspruch richtet sich nur dann ausnahmsweise gegen den Amtsträger, wenn dieser den dienstlichen Auftrag so deutlich verlassen hat, dass die Erklärung der Behörde oder Körperschaft schlechterdings nicht mehr zugerechnet werden kann, sondern als private Äußerung anzusehen ist (vgl. BayVGH, B. v. 25. Mai 2010 – 7 ZB 09.2655 – juris Rn. 18; VG München, Urt. v. 18.03.2015 – M 7 K 14.3011). Ob eine solche „Privatäußerung“ vorliegt, kann im Einzelfall schwierig zu beurteilen sein und bedarf daher ein sorgfältiges Herausarbeiten des Äußerungszusammenhanges.
Der Bürgermeister kommt ferner als Anspruchsgegner in Betracht, wenn es sich um einen Kommunalverfassungsstreit handelt. Dies ist beispielweise der Fall, wenn ein Mitglied des Gemeinderates die Unterlassung einer Äußerung des Bürgermeisters der Gemeinde verlangt.
Wie setze ich die Ansprüche gegen den Bürgermeister gerichtlich durch?
Vor der gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche gegen den Bürgermeister empfiehlt sich wie im zivilrechtlichem Medienrecht der Ausspruch einer Abmahnung. Zwar ist diese nicht Voraussetzung für ein gerichtliches Vorgehen, verweigert der Bürgermeister oder dessen Rechtsträger allerdings die durch das Abmahnschreiben geforderte (strafbewehrte) Unterlassungserklärung, kann darin zumindest ein Indiz für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr und einen Anordnungsgrundes gesehen werden.
Bleibt eine Reaktion des Bürgermeisters aus, kann der Anspruch auf Unterlassung im Eilverfahren oder auf dem normalen Klageweg geltend gemacht werden. Je nachdem, ob die Äußerung des Bürgermeisters der Ausübung seines Amtes zugeschrieben werden kann oder als rein privat einzustufen ist, sind entweder die Verwaltungsgerichte ( 1. Alternative ) oder die Zivilgerichte (2. Alternative) zuständig.
Ein Eilverfahren kommt grundsätzlich immer dann in Betracht, wenn eine Sache besonders eilbedürftig ist und der Antragstellerin / dem Antragstellerin ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens nicht zugemutet werden kann. In einem Urteil des OLG Brandenburg heißt es dazu beispielsweise:
„Letzteres gilt etwa auch für Ansprüche auf Unterlassung ehrkränkender Äußerungen, wenn die Wiederholung der Äußerungen zu befürchten ist (arg. § 938 II ZPO; s. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 916 Rdnrn. 5ff., § 940 Rdnr. 28 Stichwort: Ehre, und Rdnr. 40 Stichwort: Presserecht/Beleidigung; OLG Koblenz, OLGZ 1990, 246; OLG Stuttgart, MDR 1961, 1024; Zöller/Vollkommer, § 935 Rdnr. 2, § 938 Rdnr. 3ff. und § 940 Rdnr. 6). Die erforderliche Eilbedürftigkeit liegt hier vor. Auch nach zwischenzeitlicher Beendigung des Wahlkampfes um das Bürgermeisteramt in S. ist nicht auszuschließen, dass die verfahrensgegenständlichen Äußerungen von dem Verfügungsbekl. wiederholt werden, wenn ihn eine gerichtliche Entscheidung nicht daran hindert. Die Wiederholungsgefahr wird regelmäßig vermutet, wenn bereits eine Verletzungshandlung (Äußerung) vorliegt (…).
(vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 12. 6. 2002 – 1 U 6/02N JW-RR 2002, 1269, beck-online)
Einstweilige Anordnung im Verwaltungsrecht und einstweilige Verfügung im Zivilrecht gegen Behördenäußerungen
Wie bereits in den vorherigen Ausführungen angedeutet, wird der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch als Leistungsanspruch eingeordnet, sodass in der Hauptsache eine Leistungsklage statthaft wäre. Richtige Antragsart ist damit die Beantragung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO und nicht etwa der Antrag auf Anordnung / Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO.
Im Zivilrecht ist statthafte Antragsart die einstweiligen Verfügung, wobei die Voraussetzungen in den §§ 935, 940 ZPO geregelt sind.
Die einstweilige Anordnung im Verwaltungsrecht und die einstweilige Verfügung im Zivilrecht unterscheiden sich auf den ersten Blick nicht nennenswert voneinander. So setzen beide das Vorliegen eines Anordnungsanspruches und Anordnungsgrundes voraus, verpflichten die Antragsgegnerin / den Antragsgegner ein bestimmtes Verhalten für die Zukunft zu unterlassen und haben lediglich vorläufigen Charakter. Gerichtskosten fallen in beiden Verfahrensarten erst mit Abschluss des Verfahrens an. Ferner gilt die Vollziehungsfrist der einstweiligen Verfügung von einem Monat nach § 929 Abs. 2 ZPO auch für die einstweilige Anordnung (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO).
Es bestehen jedoch auch Unterschiede, wovon einige im Folgenden dargestellt werden sollen.
So wird ein Anordnungsgrund bei Beantragung einer einstweiligen Verfügung im Zivilrecht nach Verstreichen einer bestimmten Frist grundsätzlich verneint. Die Pressekammer des LG Berlin sieht beispielwiese nach einem Abwarten von über einem Monat einen Anordnungsgrund nicht mehr als gegeben an. Eine solch strenge Orientierung an bestimmte Fristen kennt das öffentliche Recht nicht. Allerdings sollte auch hier im besten Falle schnellstmöglich die Beantragung vorgenommen werden.
Einer der Vorteile des einstweiligen Rechtsschutzes besteht darin, dass der sogenannte Strengbeweis nicht gilt. Die von der Antragstellerin oder dem Antragsteller vorzubringenden Tatsachen müssen daher nicht bewiesen, sondern lediglich glaubhaft gemacht. Dazu darf man sich ausnahmsweise auch einer eidesstattlichen Versicherung bedienen, was eine ungemeine Erleichterung dargestellt. Im Vergleich zum Zivilrecht ist bei der Beantragung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO im Verwaltungsrecht jedoch zu beachten, dass der im öffentlichen Recht allgemein geltende Amtsermittlungsgrundsatz auch im Rahmen des Eilverfahrens Anwendung findet. Der Vortrag der Antragstellerin / des Antragstellers bildet also nicht die alleinige Beurteilungsgrundlage, sondern auch Ermittlungen des erkennenden Gerichts, so lange diese das Verfahren nicht zu sehr verzögern. Das kann sowohl von Vorteil als auch von Nachteil für die Betroffenen sein.
So ist es wahrscheinlich auch auf den Amtsermittlungsgrundsatz zurückzuführen, dass im Rahmen der Beantragung einer einstweiligen Anordnung die Antragsschrift der Gegenseite in der Regel zur Stellungnahme weitergeleitet wird und erst nach Vorliegen einer entsprechenden gegnerischen Stellungnahme eine Entscheidung getroffen wird.
Mündliche Verhandlungen sind jedoch unüblich, häufig wird im schriftlichen Verfahren entschieden. Anders bei der Beantragung einer einstweiligen Verfügung im Zivilrecht. Hier ist es durchaus üblich, dass eine einstweilige Verfügung ergeht ohne das der Antragsgegner oder die Antragsgegnerin zuvor angehört worden wäre. Hat das erkennende Gericht Zweifel in Bezug auf den Erlass der einstweiligen Verfügung, wird kurzfristig – meistens innerhalb weniger Wochen – ein Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt.
Unterschiede gibt es auch im Hinblick auf die Rechtsmittel/Rechtsbehelfe. Während gegen eine einstweilige Verfügung im Zivilrecht ausweislich der §§ 936, 924, 926, 927 ZPO Widerspruch, die Anordnung der Klageerhebung oder die Aufhebung wegen veränderter Umstände statthaft ist, enthält § 123 Abs. 3 VwGO gerade keinen Verweis auf § 924 ZPO. Anstelle des fristungebundenen Widerspruches steht den Betroffenen die Beschwerde gemäß § 146 Abs. 1 VwGO zu. Diese ist binnen 2 Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, nach § 147 VwGO einzulegen und innerhalb einer Frist von einem Monat zu begründen (vgl. § 146 Abs. 4 VwGO).
Hält sich die Anspruchsgegnerin oder der Anspruchsgegner nicht an die erlassene Anordnung oder Verfügung, kann das zuständige Gericht gemäß § 172 S. 1 VwGO auf Antrag unter Fristsetzung gegen die Anspruchsgegnerin / den Anspruchsgegner ein Zwangsgeld von bis zu 10.000 Euro durch Beschluss androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden (vgl. § 172 S. 2 VwGO). Im Falle eines Verstoßes gegen eine einstweilige Verfügung im Zivilrecht kann sogar ein Zwangsgeld von bis zu 250.000 EUR oder Ordnungshaft festgesetzt werden.
Muss ich mich durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt gegen den Bürgermeister vertreten lassen?
Anwaltszwang besteht vor den Verwaltungsgerichten nicht. Es empfiehlt sich jedoch auch hier eine anwaltliche Vertretung, da für den juristischen Laien bereits die Abgrenzung zwischen Amts- und Privattätigkeit regelmäßig zu Problemen führt. Ferner ist zu beachten, dass im Beschwerdeverfahren nach § 146 VwGO eine anwaltliche Vertretung vorgeschrieben ist (vgl. § 67 VwGO).
Im Zivilrecht richtet sich die sachliche Zuständigkeit des Gerichts in äußerungsrechtlichen Angelegenheiten nach dem Streitwert. Wurde die Äußerung gegenüber Medien- und Pressevertretern erklärt oder zu deren Verbreitung auf SocialMedia-Plattformen zurückgegriffen, ist die Streitwertgrenze von bis zu 5.000 EUR für die Amtsgerichte schnell überschritten. In der Regel werden daher sowohl im Eilrechtschutz als auch im Hauptsacheverfahren die Landgerichte zuständig sein. Vor den Landgerichten herrscht nach § 78 Abs. 1 ZPO Anwaltszwang.
Was gilt, wenn der Bürgermeister bzw. ein Amtsträger von einer ehrverletzenden Äußerung betroffen ist?
Was gilt nun aber im umgekehrten Fall? Kann ich mich als Behördenmitarbeiter, Bürgermeister oder Behörde selbst auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht berufen? Hier ist eine differenzierte Betrachtung vorzunehmen.
1. Kann sich eine Behörde auf das Persönlichkeitsrecht berufen?
Der Behörde als Trägerin öffentlicher Gewalt, Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie anderen staatlichen Institutionen ist die Berufung auf die Grundrechte verwehrt. Gänzlich ungeschützt ist sie indessen nicht. In einem Urteil des BGH heißt es dazu:
„Zutreffend ist lediglich der Ausgangspunkt des BerGer., dass die Kl. als juristische Personen (Anstalten) des öffentlichen Rechts grundsätzlich zivilrechtlichen Ehrenschutz gegenüber Äußerungen in Anspruch nehmen können, durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabgesetzt wird (Senat, VersR 1982, 904; VersR 1983, 139; NJW 2006, 601 = VersR 2006, 382; BGHZ 176, 175 = NJW 2008, 2262 = VersR 2008, 971 [973]). Zwar haben sie weder eine „persönliche Ehre”, noch sind sie Träger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Weil sie aber, wie § 194 III StGB zeigt, im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben strafrechtlichen Ehrenschutz genießen, kann dieser über §§ 1004, 823 II BGB, §§ 185ff. StGB auch zivilrechtliche Unterlassungsansprüche begründen (…)“ , vgl. BGH, Urteil vom 2. 12. 2008 – VI ZR 219/06, NJW 2009, 915, beck-online.
2. Was gilt für Behördenmitarbeiter oder den Bürgermeister an sich?
Eine Person bleibt bei allem, was sie tut, Person und behält auch in Lebenssituationen der Amtsausübung ihre individuelle und höchstpersönliche Würde und Ehre. Diese ist folgerichtig potenziell auch stets verletzbar (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 2.10.2013 – 5 U 35/13, NJW-RR 2014, 675, beck-online), so dass sich ein Behördenmitarbeiter oder Bürgermeister grundsätzlich auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht berufen kann, wenn er denn persönlich betroffen ist.
Fazit zum Rechtsschutz gegen Äußerungen von Bürgermeister, Politiker & Co.
Wie sich gezeigt hat, ist man den Äußerungen einer Bürgermeisterin / eines Bürgermeisters oder andern öffentlichen Amtsträgern nicht schutzlos ausgeliefert. Wie im Zivilrecht kennt auch das öffentliche Recht einen Unterlassungsanspruch und hält zudem einen Widerrufsanspruch zur Folgenbeseitigung für die Betroffenen bereit.
Teilweise wird sich dabei zivilrechtlichen Grundsätzen des Äußerungsrechts bedient. Im Rahmen der Beurteilung der Rechtswidrigkeit von Werturteilen ist durch die Geltung des Sachlichkeits- und Neutralitätsgebotes die Haftung von Amtsträgern aber wesentlich verschärft.
Behörden selbst und anderen staatliche Institutionen steht nur in eingeschränktem Maße ein Unterlassungsanspruch zu, da sie sich zwar grundsätzlich nicht auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht und andere Grundrechte stützen können, ihnen zur Erfüllung ihrer Aufgaben aber zwangsläufig ein gewisser Ehrenschutz zuerkannt werden muss.
Sie wurden von einem Bürgermeister, Politiker o.ä. verleumdet und möchten sich dagegen wehren? Ihre Behörde oder Sie als Amtsträger/in persönlich fühlen sich von einer Äußerung der Presse, eines Bürgers oder eines politischen Kontrahenten in Ihren Rechten verletzt?
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