BGH: Keine Geldentschädigung wegen grober Beleidigung im persönlichen Umfeld
Der Bundesgerichtshof befasste sich im vorliegenden Urteil vom 24.05.2016 (Az. VI ZR 496/15) mit dem Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen grober Beleidigung im persönlichen Umfeld.
Sachverhalt: Die Worte eines Vermieters
Der Kläger ist ein ehemaliger Mieter des Beklagten. Dieser hatte ihn in Kurzmitteilungen (SMS) als „Lusche allerersten Grades“, „arrogante rotzige große asoziale Fresse“, „Schweinebacke“, „feiges Schwein“, „feige Sau“, „feiger Pisser“, „asozialer Abschaum“ und „kleiner Bastard“ bezeichnet.
Im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens hat der Kläger bereits einen Anerkennungstitel gegen seinen ehemaligen Vermieter erwirkt. Dieser hat nun unter Androhung eines Ordnungsgeldes zu unterlassen, den Kläger zu beleidigen und in irgendeiner Form unmittelbar zu kontaktieren.
Zusätzlich erstattete der Kläger eine Strafanzeige, jedoch wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt. Der Kläger wurde auf den Privatklageweg verwiesen, wovon er bislang jedoch noch keinen Gebrauch gemacht hat.
Stattdessen möchte er nun einen Anspruch gemäß § 823 Abs.1 BGB i.V.m. Art.2 Abs.1, Art. 1 Abs.1 GG auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend machen.
Entscheidung: Die Bezeichnung als „arrogante rotzige große asoziale Fresse“ stellt keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung dar
Der BGH stellte zunächst ohne weitere Begründung fest, dass die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers vorliegend notwendig ist.
Die einzelnen Bezeichnungen des Vermieters gegenüber dem Kläger sind ohne Frage ehrverletzend und somit ein Eingriff in das Recht des Einzelnen auf Achtung seiner Menschenwürde.
Allerdings ist die Rechtswidrigkeit eines solchen Eingriffs im Persönlichkeitsrecht nicht indiziert. Sie muss vielmehr durch eine umfassende Güter- und Interessenabwägung des konkreten Einzelfalles festgestellt werden.
Demnach würde hier die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs.1 GG des Vermieters möglicherweise dem Persönlichkeitsrecht des Klägers entgegen stehen. Allerdings hat auch die Meinungsfreiheit ihre Schranken. Derartige beleidigende Äußerungen sind durch § 185 StGB strafrechtlich zu sanktionieren und können demzufolge nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sein.
Die Abwägung erfolgt hier im Ergebnis zu Gunsten des Persönlichkeitsrechts des Klägers und der Eingriff ist damit rechtswidrig
Den Anspruch auf Geldentschädigung leitet der BGH aus dem Schutzauftrag der Grundrechte aus Art. 1 und 2 Abs.1 GG ab. Es soll verhindert werden, dass schwerwiegende Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sanktionslos bleiben und zu einer Verkrümmung des Rechtsschutzes führen. Dabei stehen im Vordergrund die Aspekte der Prävention sowie die Genugtuung des Opfers.
Ob allerdings tatsächliche eine Geldentschädigung erforderlich ist, hängt davon ab, ob die Persönlichkeitsrechtsverletzung tatsächlich als schwerwiegend bewertet werden kann.
Zu berücksichtigen ist dabei die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens.
Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine grobe Beleidigungen im persönlichen Umfeld ohne dass es zu einer Wirkung in der Öffentlichkeit führt. Die mit der Beleidigung verbundene Beeinträchtigung findet des Weiteren bereits ihre Befriedigung durch den im einstweiligen Verfügungsverfahren erwirkten strafbewehrten Unterlassungstitel und das Ordnungsmittelverfahren.
Im Ergebnis verneinte der BGH daher aus diesen Gründen eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung und die Erforderlichkeit eines Anspruchs auf Zahlung einer Geldentschädigung zu Gunsten des Klägers.
Fazit: Ein Anspruch auf Geldentschädigung ist nur bei fehlender anderweitiger Sanktionen zu gewähren
Aus diesem vorliegenden Urteil wird deutlich, dass ein Geldentschädigungsanspruch wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht ohne weiteres besteht.
Es bedarf dafür einer besonderen Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung. Dabei müssen alle konkreten Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden.
Zudem leitet sich der Gedanke einer Geldentschädigung aus einer fehlenden Sanktionierung des Persönlichkeitsrechtseingriffs ab. Sollten daher anderweitige Befriedigungsaspekte, wie beispielsweise ein Unterlassungstitel, zugunsten des Geschädigten vorliegen, spricht dies in der Regel gegen einen Anspruch auf Geldentschädigung.
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