Collage: Norman Buse
Erfolg gegen RTL – Berichterstattung im Magazin SternTV Spezial war rechtswidrig
In einem für unsere Mandanten geführten Eilverfahren gegen SternTV, den Fernsehsender RTL (RTL Television GmbH) und die Betreiberin von www.tvnow.de, die RTL interactive GmbH, hat das Landgericht Hamburg mit Beschluss vom 15.03.2022 die Verbreitung eines Beitrags über unsere Mandanten untersagt. Unserem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde stattgegeben, so dass die Sendung in dieser Form nicht mehr ausgestrahlt werden darf.
Worum ging es in diesem Verfahren gegen SternTV?
Die Antragstellerin zu 1 ist eine IT-Dienstleisterin und betreibt eine Online-Plattform im Zusammenhang mit den derzeit geltenden Coronamaßnahmen bzw. Beschränkungen. Der Antragsteller zu 2 ist der alleinige Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1 und als solcher auch im Impressum der Website genannt. Wie die Antragsteller feststellen mussten, berichtete RTL in der Fernsehsendung SternTV Spezial äußerst kritisch über das von den Antragstellern betriebene Geschäftsmodell. In dem verbreiteten Beitrag heißt es am Ende der Passage betreffend die Antragsteller, dass sich „mittlerweile die Behörden eingeschaltet“ haben. Weiter wird wie folgt über ein gegen die Antragsteller geführtes strafrechtliches Ermittlungsverfahren ausgeführt:
„Die Staatsanwaltschaft S. führt ein Ermittlungsverfahren u.a. wegen der Thematik „xxx“. Die Ermittlungen richten sich gegen die Verantwortlichen des Anbieters. (…)
Quelle: Staatsanwaltschaft S.“
Dass die Antragsteller die Anbieter von www.xxx.de sind, ging ausdrücklich aus der streitgegenständlichen Berichterstattung hervor. Auf die Frage der zuständigen Redakteurin „Wer steckt dahinter?“ wird das Impressum der Website eingeblendet und die dort als Betreiberin angegebene Antragstellerin zu 1 sowie deren Geschäftsführer der Antragsteller zu 2 genannt. Im Anschluss folgte noch ein Ausschnitt aus einem Video, welches zudem das Bildnis und die Stimme des Antragstellers zu 2 zeigte. Die RTL interactive GmbH verbreitete die streitgegenständliche Sendung in ihrem Internet-angebot unter www.tvnow.de. Nachdem unser Anwaltsteam für Medien- und Presserecht RTL wegen der streitgegenständlichen Berichterstattung abmahnte und erfolglos außergerichtlich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufforderte, stellten wir für unsere Mandanten zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Warum wurde die RTL-Berichterstattung bei SternTV untersagt?
Begründet wurde die Abmahnung und der Verfügungsantrag damit, dass RTL im Rahmen der Berichterstattung gegen die presserechtlichen Grundsätze der Verdachtsberichterstattung verstoßen hatte. Aus diesem Grund lag nach Auffassung unserer Rechtsanwälte ein rechtswidriger Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht bzw. in das allgemeine Persönlichkeitsrecht unserer Mandanten vor. In solchen Fällen besteht ein Anspruch, die rechtswidrige Berichterstattung zu löschen und die zukünftige Verbreitung zu unterlassen. Dieser Auffassung ist das Landgericht Hamburg gefolgt, so dass die zuständigen Richter eine einstweilige Verfügung gegen RTL erlassen haben. Zwar dürfen die Medien grundsätzlich auch in identifizierender Form über strafrechtliche Ermittlungsverfahren berichten. Da dies jedoch einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen darstellt, ist dies nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Für die Zulässigkeit einer Verdachtsberichterstattung sind ein berechtigtes öffentliches Informationsinteresse, eine sorgfältige Recherche, die grds. auch die Einholung einer Stel- lungnahme bei dem Betroffenen erfordert sowie ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Informationen sprechen und ihr damit erst Öffentlichkeitswert verleihen, erforderlich. Außerdem darf die Berichterstattung keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten. Im vorliegenden Fall hatte es die Produktionsgesellschaft von SternTV Spezial versäumt, unseren Mandanten die Möglichkeit zur Stellungnahme auf den gegen unsere Mandanten erhobenen Strafvorwurf einzuräumen. Allein dies war schon ausreichend, den Beitrag zu verbieten.
Was folgt aus dieser Entscheidung für Medien wie RTL?
Berichte über Strafverfahren kommen immer wieder vor. Häufig halten sich die Medien nicht an die Grundsätze, die von der Rechtsprechung zur Verdachtsberichterstattung aufgestellt wurden. Die Gewährung einer Stellungnahmemöglichkeit und die Berücksichtigung dieser Stellungnahme im anschließenden Beitrag sind – abgesehen von wenigen Ausnahmefällen – zwingend einzuhalten. Andernfalls kann die Berichterstattung allein wegen dieses handwerklichen Fehlers angegriffen und untersagt werden. Wenn auch Sie von einer solchen Verdachtsberichterstattung betroffen sind, stehen Ihnen unsere spezialisierten Rechtsanwälte tatkräftig zur Seite. Außerdem beraten wir Journalistinnen und Journalisten rund um das Thema der Berichterstattung über Strafverfahren.
Treten Sie gern mit uns in Kontakt.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie hier:
- Verdachtsberichterstattung über Strafverfahren
- Wie reagiere ich auf eine Presseanfrage?
- Podcast: Wie darf die Presse über ein Strafverfahren berichten?
Hinweis: Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. RTL kann dagegen Widerspruch einlegen.