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Inanspruchnahme eines Anschlussinhabers in Filesharing-Verfahren

10.08.2015 | Medien- und Wirtschaftsrecht

LG Braunschweig, Urteil vom 01.07.2015 – 9 S 433/14(59).


Sachverhalt: Inanspruchnahme eines Anschlussinhabers in Filesharing-Verfahren

Die Klägerin besitzt ausschließliche Nutzungs- und Verwertungsrechte für den Film „R.“ in Deutschland.

Die Klägerin fand heraus, dass dieser Film im Internet über den Internetanschluss des Beklagten unter Nutzung einer Internet-Tauschbörse anderen Nutzern zur Verfügung gestellt wurde.

Die Klägerin verlangte erstinstanzlich vom Beklagten Schadensersatz für eine Urheberrechtsverletzung durch Nutzung einer Internet-Tauschbörse (sog. „Filesharing“) sowie Erstattung von vorprozessualen Rechtsanwaltskosten.

Nachdem die Klägerin erstinstanzlich vor dem Amtsgericht Braunschweig unterlag, verfolgt sie ihre Klage nunmehr vor dem Landgericht Braunschweig in der Berufungsinstanz weiter.

Die Klägerin behauptet insbesondere, dass der Beklagte die Rechtsverletzung selbst begangen habe. Der Beklagte sei nämlich im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast verpflichtet gewesen, Nachforschungen zum tatsächlichen Täter anzustellen und entsprechende Ergebnisse mitzuteilen. Dieser Verpflichtung sei er mit dem Hinweis auf seine Ehefrau als Anschlussmitbenutzerin nicht hinreichend nachgekommen, zumal der Beklagte insoweit beweisbelastet sei.

Der Beklagte bestreitet, für die Rechtsverletzung verantwortlich zu sein. Auf seinem Computer sei keine Filesharing-Software installiert und im fraglichen Zeitraum sei er auch nicht zu Hause gewesen. Seine Ehefrau besitze einen eigenen Computer mit Internetzugang und habe die Rechtsverletzung ebenfalls nicht begangen. Das außerdem im Haushalt lebende zweijährige Kind komme aufgrund seines Alters auch nicht als Verletzer in Frage. Darüber hinaus habe der Beklagte seinerzeit einen Router genutzt, der eine Sicherheitslücke aufgewiesen habe, sodass sich Dritte unbefugt Zugang zum WLAN des Beklagten haben verschaffen können.


Entscheidung: Anschlussinhaber genügt sekundärer Beweislast, wenn er Nachforschungen anstellt und Personen benennt, die als Anschlussnutzer in Betracht kommen

Das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen.

Im Wesentlichen führt es aus, dass eine Vermutung für eine Täterschaft der Rechtsverletzung grundsätzlich nur dann besteht, wenn der Anschlussinhaber der alleinige Nutzer des Anschlusses ist.

Das Landgericht führt dabei zunächst unter Hinweis auf das sog. „Bearshare“-Urteil des BGH (BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12 – Bearshare) aus, dass es grundsätzlich Sache des Rechteinhabers ist, darzulegen und nachzuweisen, dass der Anschlussinhaber Täter der behaupteten Rechtsverletzung ist. Einen solchen Nachweis hat die Klägerin nach Ansicht des Gerichts hier nicht erbringen können.

Grundsätzlich besteht zwar eine Vermutung dafür, dass eine Täterschaft der Rechtsverletzung dem Anschlussinhaber zugerechnet werden kann. Jedoch gilt diese nicht, wenn neben dem Anschlussinhaber Familienangehörige oder Bekannte bzw. unberechtigte Dritte als Verletzer in Betracht kommen.

Zwar trifft den Rechteinhaber eine Beweispflicht für die alleinige Anschlussnutzung durch den Anschlussinhaber. Da diese Beweisführung oftmals nicht möglich ist, trifft den Anschlussinhaber daher eine sekundäre Beweislast. Er hat dabei zumindest mitzuteilen, ob er den Anschluss alleine nutzt bzw. welche Familienangehörige, Bekannte oder Dritte ebenfalls zur Nutzung des Anschlusses in der Lage waren bzw. gewesen sein könnten. Gleichwohl ist diese sekundäre Beweislast nicht als Beweislastumkehr zu verstehen und bewirkt nicht, dass der Anschlussinhaber die Nutzung beweisen muss.

In diesem Fall hat der Beklagte diesen Erfordernissen genügt, da er seine Ehefrau als Mitnutzerin benannt hat. Dass diese wiederum ausgesagt hat, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben führt nicht automatisch dazu, im Umkehrschluss die Rechtsverletzung dem Beklagten zuzuschreiben. Ansonsten würde nämlich dieser die Aufgabe übernehmen, für die Rechteinhaberin die notwendigen Informationen zu beschaffen. Die sekundäre Beweislast würde dann überspannt.

Daher konnte ein Vollbeweis für die Täterschaft des Beklagten nicht erbracht werden, sodass die Berufung keinen Erfolg haben konnte.


Fazit: Sekundäre Beweislast führt nicht zu Beweislastumkehr zugunsten des Rechteinhabers

Die Entscheidung des Landgerichts zeigt, dass die Beweislast für die Täterschaft bei Rechtsverletzungen beim Kläger und damit beim Rechteinhaber liegt. Insoweit folgt das Gericht nach der Bearshare-Entscheidung des BGH bei den Anforderungen an die sekundäre Beweislast bei Urheberrechtsverletzungen im Bereich des Filesharing einer Vielzahl von Gerichten und legt ausführlich dar, wie ein Betroffener der sekundären Beweislast und der Nachforschungspflicht nachkommen kann.

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