Fahrlässige Tötung: Revision vorerst erfolgreich bei Rotlichtverstoß des Unfallgegners
07. Februar 2016
Das OLG Hamm hob mit Beschluss vom 20.08.2015 – 5 RVs 102/15 – die Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr auf und verwies zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Essen zurück.
Wie kam es zu dem tödlichen Verkehrsunfall?
Der Angeklagte war im Jahr 2012 mit seinem Transporter unterwegs. Er näherte sich mit überhöhter Geschwindigkeit (65 km/h statt der erlaubten 50 km/h) einer beampelten Kreuzung. Gleichzeitig fuhr auch ein PKW von links kommend auf die Kreuzung zu. Beide Fahrzeuge überquerten die jeweiligen Haltelinien fast gleichzeitig, wodurch es zu einer Kollision kam. Dabei wurde der Beifahrer des PKW so schwer verletzt, dass er schließlich an den Unfallfolgen starb. Welcher der Unfallbeteiligten bei Rot über die Ampel gefahren war, konnte nicht festgestellt werden. Das Amtsgericht Essen-Steele verurteilte den Angeklagten zunächst zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten ausgesetzt zur Bewährung und verhängte ein Fahrverbot nach § 44 StGB für 3 Monate. Hiergegen legte der Rechtsanwalt des Angeklagten Berufung ein. Aber auch das Landgericht Essen bejahte grundsätzlich eine Strafbarkeit nach § 222 StGB und reduzierte lediglich das Strafmaß auf 6 Monate. Die Regelung zum Fahrverbot erhielt das Landgericht Essen aufrecht. Nun konnte nur noch die Revision dem Angeklagten weiterhelfen. Der Strafverteidiger machte dabei gezielt auf das Mitverschulden des PKW-Fahrers aufmerksam. Dies stelle seiner Meinung nach ein sogenanntes vernunftwidriges Verhalten dar, was aus Sicht des Angeklagten zum Ausschluss der Vorhersehbarkeit des Unfallhergangs führt und er daher nicht nach § 222 StGB wegen fahrlässiger Tötung bestraft werden könne.
Warum hob das OLG Hamm an der Entscheidung des Landgerichts Essen auf?
Nach Ansicht des OLG Hamm wurde in der vorherigen Entscheidung zu Unrecht das Vorliegen eines vernunftwidrigen Verhaltens des PKW-Fahrers verneint. Rotlichtverstöße im Sinne von § 37 StVO können nicht pauschal von der Fallgruppe des „gänzlich vernunftwidrigen Verhaltens“ ausgeschlossen werden, nur weil sie regelmäßig im Straßenverkehr vorkämen und mehr auf Unaufmerksamkeit beruhten als auf Unvernunft. Sie können ganz verschiedenartig gestaltet sein. Wenn die Ampel beispielsweise bereits seit einer Sekunde Rot leuchtet und dann überfahren wird, liegt schon ein qualifizierter Rotlichtverstoß vor, der eine grobe Pflichtverletzung im Sinne von § 25 StVG darstellt. Wird ein solcher Vorstoß dazu noch vorsätzlich, also mit Wissen und Wollen, begannen, ist dies durchaus als gänzlich vernunftwidriges Verhalten anzusehen und führt somit zum Ausschluss der Vorhersehbarkeit des Unfalls für den Täter. Da im vorliegenden Fall keine sicheren Feststellungen zu dem stattgefundenen Rotlichtverstoß getroffen werden konnten, muss zu Gunsten des Angeklagten nach dem in dubio pro reo Grundsatz davon ausgegangen werden, dass seitens des PKW-Fahrers ein vorsätzlich qualifizierter Rotlichtverstoß begangen wurde. Das Landgericht Essen hat nun erneut unter Berücksichtigung der Auffassung des OLG Hamm über die fahrlässige Tötung zu entscheiden.
Fazit : Nicht jeder Rotlichtverstoß ist gleich
Die Entscheidung zeigt, dass oft eine genaue und diffizile Analyse des Geschehens und der rechtlichen Bewertung die Wendung in einem Gerichtsverfahren bringen kann. Für den Angeklagten ist es wichtig einen starken Partner an seiner Seite zu haben, der sich mit allen Feinheiten des Verkehrsstrafrechts auskennt, um sich erfolgversprechend verteidigen zu können.
Foto: © fotolia.com – kamasigns
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