Akteneinsicht im Strafverfahren
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Was bringt die Akteneinsicht, wenn ich einer Straftat beschuldigt werde? Wer darf die Ermittlungsakte im Strafverfahren lesen? Kann ich Akteneinsicht nur über einen Anwalt nehmen?
Als Beschuldigter in einem Strafverfahren kann es sinnvoll sein, zunächst zu den erhobenen Vorwürfen zu schweigen und erst einmal Akteneinsicht zu beantragen. Denn erst nach einem Blick in die Ermittlungsakte können der konkrete Tatvorwurf und die zugrundeliegende Beweislage richtig eingeschätzt werden. Anhand dieser Beweislage kann es dann zweckmäßig sein sich zu der Sache zu äußern oder zu schweigen.
Was nutzt Akteneinsicht im Strafverfahren?
Die Akteneinsicht kann einen wichtigen Bestandteil für den Beschuldigten in einem Strafverfahren darstellen. Aus der Ermittlungsakte lässt sich der Stand des Verfahrens und insbesondere der Kenntnisstand der Ermittlungsbehörden erkennen. Dies ist für die Entwicklung der Verteidigungsstrategie essentiell. Denn zum ersten Mal können der Beschuldigte und sein Verteidiger erkennen, was dem Beschuldigten genau vorgeworfen wird und auf welcher Tatsachengrundlage der Vorwurf beruht. Darüber hinaus lässt sich auch erkennen, auf welche Beweismittel der Tatvorwurf gestützt wird. Darauf baut dann zu großen Teilen die Verteidigungsstrategie auf.
Die Akteneinsicht kann somit einen enormen Vorteil im eigenen Strafverfahren bieten. Daher empfiehlt es sich, Akteneinsicht zu beantragen.
Was steht in einer Ermittlungsakte im Strafverfahren?
Sobald die Polizei oder die Staatsanwaltschaft anfängt zu ermitteln, wird eine Ermittlungsakte angelegt, in welcher das Tatgeschehen rekonstruiert wird. Dabei werden sämtliche Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden sowie Tatsachen gesammelt. Die Ermittlungsakte bildet die Grundlage für die Ermittlungsbehörden, um das Tatgeschehen darlegen zu können. Alle Beweismittel, insbesondere Bilder, Schriftstücke, Gutachten und Zeugenaussagen werden in die Ermittlungsakte aufgenommen. Die Ermittlungsakte enthält damit eine Vielzahl von Informationen, die für die Verteidigung regelmäßig von erheblicher Bedeutung sind.
Damit gibt die Ermittlungsakte Auskunft über den Ermittlungs- und Erkenntnisstand der Ermittlungsbehörden.
Der Inhalt der Ermittlungsakte ist später Grundlage für die Entscheidung, ob die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt oder (z.B.) mangels ausreichender Erkenntnisse und damit mangels hinreichenden Tatverdachts das Verfahren einstellt.
Die Ermittlungsakte liegt in der Hauptverhandlung dem Gericht vor.
Wer kann in die Ermittlungsakte Einsicht nehmen?
Die Personen, denen Akteneinsicht zu gewähren ist, ergeben sich größtenteils aus § 147 StPO (Strafprozessordnung).
Dem Verteidiger des Beschuldigten ist auf Antrag Akteneinsicht zu gewähren. Dies gilt sowohl für den Wahlverteidiger als auch für einen beigeordneten Verteidiger. Hat ein Beschuldigter mehrere Verteidiger, so hat jeder der Verteidiger ein Akteneinsichtsrecht und muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass bereits ein anderer Verteidiger Akteneinsicht genommen hat.
Der verteidigte Beschuldigte hat selbst kein Akteneinsichtsrecht. Damit er sich sachgerecht verteidigen kann und auch weiß, worauf sich der gegen ihn gerichtete Vorwurf überhaupt stützt, ist sein Verteidiger berechtigt und sogar verpflichtet, dem Beschuldigten mitzuteilen, was er aus der Akte erfahren hat, sofern dies zu Verteidigungszwecken dient. Zu diesem Zweck ist der Verteidiger auch berechtigt, dem Beschuldigten Aktenabschriften und Kopien auszuhändigen.
Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, besitzt ein eigenes, unmittelbares Recht auf Akteneinsicht, gemäß § 147 Abs. 4 StPO. Sein Akteneinsichtsrecht ist im Verhältnis zum Akteneinsichtsrecht des Verteidigers aber eingeschränkt.
Darüber hinaus haben auch bestimmte Personen, die nicht unmittelbar an dem Verfahren beteiligt sind, ein Recht auf Akteneinsicht. Dazu zählen der Privatkläger (§ 385 Abs. 3 StPO), der Nebenkläger und der Geschädigte, sowie deren Verteidiger (§ 406e StPO) und Privatpersonen und sonstige Stellen gemäß § 475 StPO (z.B. Insolvenzverwalter).
In welchem Umfang wird das Akteneinsichtsrecht gewährt?
Dem Verteidiger des Beschuldigten ist Einsicht in die Akten, die dem Gericht vorliegen oder im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wäre, zu gewähren, § 147 Abs.1 StPO. Ihm steht das umfassendste Akteneinsichtsrecht zu, da er in der Lage sein muss, sich und den Mandanten bestmöglich auf das Verfahren vorzubereiten. Deshalb darf er die Akten grundsätzlich von dem Gericht auch mitnehmen, um sie zu kopieren bzw. eine elektronische Akte zu erstellen. Er hat zudem Zugriff auf sämtliche Unterlagen der Ermittlungsakte. Das begründet sich damit, dass er seiner Verteidigungsarbeit nachkommen können muss und von ihm außerdem weniger Gefahren, wie z.B. Beweismittelvernichtung, ausgehen als vom Beschuldigten.
Unzulässig ist dagegen die Weitergabe von Informationen, die ausschließlich dem Zweck dient, den Untersuchungszweck des Strafverfahrens zu gefährden, beispielsweise durch einen Hinweis auf eine bevorstehende Durchsuchung. Damit überschreitet ein Verteidiger unter Umständen die Grenze des Legalen und kann sogar eine strafbare Strafvereitelung (§ 258 StGB) oder Begünstigung (§ 257 StGB) begehen.
Aber auch das Akteneinsichtsrecht des Beschuldigtenverteidigers gilt nicht uneingeschränkt. Gemäß § 147 Abs. 2 Satz 1 StPO kann auch dem Verteidiger des Beschuldigten die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile versagt werden, soweit die Einsichtnahme den Untersuchungszweck gefährden würde. Der Untersuchungszweck kann gefährdet sein, wenn zu befürchten ist, dass bei Gewährung der Akteneinsicht die Sachaufklärung, beispielweise durch Wegschaffen von Beweismitteln ins Ausland, beeinträchtigt wird. Diese Einschränkung gilt, solange wie der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt ist, spätestens bis zur Erhebung der Anklage.
Das Akteneinsichtsrecht des Verteidigers eines Nebenklägers ist nicht so umfangreich, wie das des Beschuldigtenverteidigers.
Das Akteneinsichtsrecht des nicht verteidigten Beschuldigten ist beschränkter als das des Verteidigers. Es wird nur gewährt, soweit der Untersuchungszweck nicht gefährdet wird und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen, § 147 Abs. 4 Satz 1 StPO. Der Untersuchungszweck könnte z.B. dadurch gefährdet werden, dass der Beschuldigte Beweismittel vernichten oder auf Zeugen einwirken könnte. Die Interessen Dritter stehen beispielsweise entgegen, wenn durch die Akteneinsicht persönliche Daten von Belastungszeugen nicht geschützt werden können.
Von dem Akteneinsichtsrecht ausgeschlossen sind interne Vorgänge. Dazu gehören die Handakten der Staatsanwaltschaft, die die Staatsanwaltschaft mit in die Hauptverhandlung bringt. Daneben gehören auch Notizen, die sich Mitglieder des Gerichts während der Hauptverhandlung gemacht haben, nicht zu den Akten, die dem Verteidiger vorzulegen sind.
Wie beantrage ich Akteneinsicht im Strafverfahren?
Die Akteneinsicht muss bei der zuständigen Stelle beantragt werden. Die zuständige Stelle ist in der Regel die Staatsanwaltschaft oder auch das Gericht. Der Antrag unterliegt keinem besonderen Formerfordernis und kann daher formlos und mit einem einfachen Brief erfolgen.
Zu beachten ist dabei, dass für die Beantragung der Akteneinsicht Kosten anfallen können, wie Kopierkosten oder eine Auslagenpauschale. Die Kosten hängen unter anderem davon ab, wie viele Seiten die Ermittlungsakte hat oder ob die Einsicht nach einer Versendung der Akte per Post oder nur in den Gerichtsräumen erfolgen soll.
Was kann ich tun, wenn mein Antrag auf Akteneinsicht verweigert wird?
Verweigert die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, gibt es die Möglichkeit des Antrags auf richterliche Entscheidung gemäß § 119a StPO. Dieser Rechtsbehelf ist eine Möglichkeit sich gegen Maßnahmen der Staatsanwaltschaft oder der Polizei zu wehren.
Die nächste „Hürde“ liegt dann darin, die Ermittlungsakte zu analysieren und auszuwerten; den status quo der Ermittlungen gegen den Beschuldigten zu ermitteln und rechtlich zu würdigen; zu prüfen, ob der Vorwurf Bestand haben kann. Auf dieser Grundlage wird der Anwalt für Strafrecht dann die Verteidigungsstrategie erarbeiten, und Ihnen sagen können, was realistischerweise jetzt noch auf Sie zukommen kann und wie Sie am besten damit umgehen.
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