Schuld an einer Straftat

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Strafrechtliche Schuld. Individuelle Vorwerfbarkeit der Straftat als Voraussetzung für eine Bestrafung. Wann handelt man schuldhaft, wann ist man schuldunfähig oder entschuldigt? Keine Strafe bei Entschuldigendem Notstand?

Der Begriff der Schuld umschreibt die individuelle Vorwerfbarkeit der mit Strafe bedrohten Tat.

Voraussetzung dafür, eine Tat schuldhaft begehen zu können, ist in erster Linie die Schuldfähigkeit.
Die Schuldfähigkeit setzt zum einen die Einsichtsfähigkeit und zum anderen die Steuerungsfähigkeit voraus. Einsichtsfähigkeit bedeutet, dass die Person das Unrecht der Tat einsehen kann. Die Fähigkeit nach dieser Einsicht zu handeln, ist die Steuerungsfähigkeit.

Der Beschuldigte muss bei Begehung der Tat schuldfähig gewesen sein. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Tathandlung und nicht der Zeitpunkt, in dem der durch die Strafnorm strafbewehrte „Erfolg“ eintritt (z.B. bei einer Körperverletzung die tatsächliche körperliche Misshandlung oder Gesundheitsschädigung, bei einem Totschlag oder Mord der Tod der Person).

Die Schuld eines Täters kann aus diversen Gründen ausgeschlossen sein.

Wann ist man schuldfähig im strafrechtlichen Sinne?

Für die Schuldfähigkeit ist zunächst das Alter des Beschuldigten maßgeblich. Aus einem Umkehrschluss zu § 19 StGB geht hervor, dass grundsätzlich jede Person schuldfähig handeln kann, die das 14. Lebensjahr beendet hat, also mindestens 14 Jahre alt ist.

Kinder unter 14 Jahren sind daher niemals schuldfähig, sie gelten als schuldunfähig. Bei ihnen wird eine mangelnde Reife und damit eine mangelnde Einsichtsfähigkeit unwiderleglich vermutet.

Jugendliche, die das 14. Lebensjahr, aber das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, können grundsätzlich schuldfähig sein. Es muss dabei aber positiv festgestellt werden, dass der Jugendliche zur Tatzeit nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, § 3 JGG. Wird die Schuldfähigkeit anhand dieser Anhaltspunkte angenommen, kann eine Strafe verhängt werden.

Heranwachsende, die das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet haben, sind grundsätzlich schuldfähig, §§ 105, 106 JGG. Sie sind ohne weitere Feststellungen schuldfähig und damit strafbar.

Bei allen übrigen Personen wird das Bestehen der Schuldfähigkeit grundsätzlich vermutet, solange keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen (z.B. eine sehr hohe Alkoholintoxikation, teilweise bei einer geistigen Behinderung).

Bei Jugendlichen und unter bestimmten Voraussetzungen auch bei Heranwachsenden gilt im Strafverfahren das Jugendstrafrecht. Hier gelten einige Besonderheiten, die sich auch auf die Art und Weise der Strafverteidigung auswirken. Es ist daher zu empfehlen, sich in diesen Fällen als Beschuldigter an einen Anwalt für Jugendstrafrecht zu wenden.

Was ist „verminderte Schulfähigkeit“ und wie wirkt sich diese auf die Strafe aus?

Die verminderte Schuldfähigkeit ist in § 21 StGB normiert. Sie steht nicht selbstständig zwischen den Positionen „Schuldfähigkeit“ und „Schuldunfähigkeit“, sondern ist vielmehr ein besonderer Strafmilderungsgrund. Denn auch der vermindert Schuldfähige ist dem Grunde nach schuldfähig. Die verminderte Schuldfähigkeit schließt die Schuld und damit eine Strafbarkeit nicht aus.

  • 21 StGB berücksichtigt zugunsten eines Täters den Umstand, dass eine zur Schuldunfähigkeit führende Sachlage im Sinne des § 20 StGB auch in abgeschwächter Form auftreten kann. Unter diesen Umständen kann es auch einem, im Grundsatz schuldfähigem Täter, schwer fallen sich normgemäß zu verhalten. Dieser besonderen Situation wird dadurch Rechnung getragen, dass § 21 StGB die Möglichkeit der Strafmilderung vorsieht.

Sind die Voraussetzungen des § 21 StGB erfüllt, kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB daher gemildert werden. Gleiches gilt, wenn nicht eindeutig geklärt werden kann, ob der Täter zur Zeit der Tat voll oder vermindert schuldfähig war.

Kann ich bestraft werden, wenn ich bei Begehung der Straftat betrunken war?

Die Schuldunfähigkeit infolge von Trunkenheit hat besondere praktische Bedeutung, denn sie kann ab einer gewissen Promillegrenze zu einem Ausschluss der Steuerungsfähigkeit führen. In die Prüfung der Schuldunfähigkeit aufgrund Alkoholkonsums ist auch die Blutalkoholkonzentration des Beschuldigten einzubeziehen. Bei einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 3,0 Promille liegt regelmäßig Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 StGB vor. Bei vorsätzlichen Tötungsdelikten wird die Schuldunfähigkeit in der Regel erst ab 3,3 Promille angenommen. Regelmäßig müssen daher weitere Umstände hinzutreten. Gibt es keine weiteren Indizien besteht unter Umständen die Möglichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Im Grundsatz gilt jedoch: je höher die Blutalkoholkonzentration, desto eher ist die Schuldunfähigkeit anzunehmen.

Auch eine drogen- und medikamentenbedingte Ausfallerscheinung kann zu einer Schuldunfähigkeit gem. § 20 StGB führen. Mangels gesicherter Erkenntnisse stellt die Rechtsprechung nicht auf feststehende Grenzwerte ab, sondern wägt alle Umstände, insbesondere auch die Leistungsfähigkeit des Beschuldigten ab.

Derjenige, der während der Tatbegehung schuldunfähig im Sinne der §§ 19, 20 StGB war, kann wegen dieser Tat nicht verurteilt werden.

Achtung! Das bedeutet nicht, dass die Tat folgenlos bleibt. In Betracht kommt noch die Verhängung sogenannter Maßregeln der Besserung und Sicherung gem. §§ 63, 64 StGB (z.B. Unterbringung in einer Entziehungsanstalt).

Näheres dazu, ob und wie Sie bestraft werden können, wenn Sie betrunken oder unter Drogeneinfluss eine Straftat begehen, haben wir Ihnen hier zusammengestellt.

Welche Vorteile hat unsere Kanzlei für Strafrecht?

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Kann ich bestraft werden, wenn ich nicht wusste, dass mein Handeln verboten war?

Wenn der Beschuldigte nicht wusste, dass sein Verhalten verboten war, ist im Strafverfahren zu prüfen, ob er einem sogenannten (unvermeidbaren) Verbotsirrtum unterlag (§ 17 StGB). Auch der unvermeidbare Verbotsirrtum stellt einen Schuldausschließungsgrund dar.

Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte.

Ein unvermeidbarer Verbotsirrtum schließt den Schuldvorwurf aus, sodass der Täter schuldlos handelt und nicht bestraft werden kann.

Beachten Sie aber: Die Hürden an einen unvermeidbaren Verbotsirrtum sind hoch und nur in seltenen Fällen gegeben. Ihr Anwalt für Strafrecht wird hierauf ein besonderes Augenmerk legen, wenn in Ihrem konkreten Fall Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Verbotsirrtums bestehen.

War der Verbotsirrtum aber vermeidbar, kann die Strafe zumindest gemildert werden.

Der Unterschied zwischen Schuldunfähigkeit und Entschuldigung bei Begehung einer Straftat

Die Strafbarkeit kann auf Ebene der Schuld aufgrund von Schuldausschließungsgründen und Entschuldigungsgründen entfallen.

Schuldausschließungsgründe sind die Schuldunfähigkeit (§§19, 20 StGB) und der unvermeidbare Verbotsirrtum gem. § 17 StGB. Bei Schuldausschließungsgründen entfällt die Schuld völlig. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Grundsatz – ein Mensch kann das Unrecht seines Verhaltens grundsätzlich erkennen und entsprechend handeln – aufgrund besonderer Umstände, wie seinem jungen Alter, ausgeschlossen ist.

Entschuldigungsgründe führen dagegen nicht zu einer völligen Aufhebung des Schuldvorwurfs. Der Täter handelt voll schuldfähig. Aufgrund besonderer Umstände bei Begehung der Tat (z.B. eine ungewöhnliche Notlage oder Konflitksituation), kann die Begehung der Straftat dem Beschuldigten nicht mehr in dem vorgesehenen Maße vorgeworfen werden. Damit passt die gesetzlich eigentlich vorgesehene Strafe nicht mehr zu dem konkreten Fall. Aus diesem Grund wird bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Entschuldigungsgrundes der Beschuldigte nicht wegen der Tat bestraft (bzw. in Sonderfällen wird die Strafe nur gemindert).

Im Ergebnis führen sowohl Strafausschließungsgründe als auch Entschuldigungsgründe grundsätzlich zu einem Strafbarkeitsausschluss.

 

All diese Themen rund um die strafrechtliche Schuld sind zugegebenermaßen oftmals sehr abstrakt, schwer greifbar und komplex. Gerade aus diesem Grund empfiehlt es sich, sich als Beschuldigter einer Straftat so schnell wie möglich an einen Anwalt für Strafrecht zu wenden. Dieser erkennt Anhaltspunkte in Ihrem konkreten Fall, die gegebenenfalls Ihre Schuld an der Tat ausschließen, mindern oder sonst zu einer Straflosigkeit führen. Er wird dies rechtlich präzise prüfen, Sie über die aktuelle Situation beraten und eine gerade für Ihren Fall passende Verteidigungsstrategie erarbeiten.

 

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