Strafmaßverteidigung

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Was ist Strafmaßverteidigung? Ist Ziel der Strafverteidigung immer ein Freispruch? Ziel der Strafverteidigung, das bestmögliche realistische Ergebnis für den Beschuldigten zu erzielen. Mögliche Verteidigungsziele im Strafverfahren.

Nicht immer kann das Ziel der Strafverteidigung ein Freispruch oder die Einstellung des Strafverfahrens sein. Gerade bei erdrückender Beweislage, macht es unter Umständen keinen Sinn „auf Biegen und Brechen“ auf einen Freispruch hinzuarbeiten, obwohl dessen Erfolgsaussichten mehr als gering sind. Auch das ist Aufgabe der Strafverteidigung. Einschätzen der Erfolgsaussichten und das bestmögliche realistische Ziel für den Mandanten erkämpfen. Das kann auch im Erreichen einer möglichst geringen Geldstrafe oder einer möglichst geringen Haftstrafe liegen (z.B. damit keine Eintragung ins polizeiliche Führungszeugnis kommt, die sich eventuell nachteilig auf das weitere Berufsleben des Beschuldigten auswirken kann). Es gibt zahlreiche Graustufen zwischen dem schwarz-weiß von Verurteilung und Freispruch.

Strafmaßverteidigung kommt immer dann in Betracht, wenn das Verteidigungsziel nicht der Freispruch des Beschuldigten ist. Die Strafmaßverteidigung ist eine Art „Schadensbegrenzung“. Das heißt, selbst wenn es zu einer Verurteilung kommt, soll das bestmögliche Ergebnis für den Beschuldigten erreicht werden.

Strafmaßverteidigung im Beamtenrecht

Gerade für Beamte kann die Strafmaßverteidigung von erheblicher Relevanz sein. Lässt sich ein Freispruch zugunsten des Beamten nicht erwirken, besteht ein zu beachtender Grenzwert bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr.

Denn für Beamte gilt, dass sie kraft Gesetzes – also ohne weiteres Zutun oder Überprüfung – durch die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden, vgl. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG, § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG. Diese Wirkung tritt bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer vorsätzlichen Tat ein.

Ziel der Verteidigung ist daher in erster Linie (soweit möglich), eine Verurteilung unter dieser Grenze zu erwirken.

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erfolgt jedoch nur dann, wenn der Beamte durch ein „ordentliches Strafverfahren“ verurteilt wird. Daher ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis durch eine Verurteilung nicht möglich, wenn gegen Beamten ein Strafbefehl ergangen ist. Das Strafbefehlsverfahren bietet nicht die gleiche Richtigkeitsgewähr wie ein ordentliches Strafverfahren mit einer Hauptverhandlung, da dort nur eine summarische (eingeschränkte) Prüfung der Schuldfrage erfolgt.

Vermeidung eines Eintrags im polizeilichen Führungszeugnis als Ziel der Strafverteidigung

Ein weiterer Aspekt, der bei der Strafmaßverteidigung Berücksichtigung findet, ist die Verurteilung zu einer Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Monaten.

Für die meisten Beschuldigten ist die Vermeidung einer Eintragung in das Führungszeugnis maßgeblich, sodass die Verteidigung darauf ausgerichtet wird. Die erstmalige Verurteilung zu einer Geldstrafe von bis zu 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Monaten wird nicht in das Führungszeugnis eingetragen, § 32 Abs. 2 Nr. 5 a, b BZRG. Da diese Verurteilung dann nicht in dem Führungszeugnis geführt wird, dürfen sich die Beschuldigten auch nach einer Verurteilung weiterhin als unbestraft bezeichnen, § 53 Abs. 1 Nr. 1 BZRG.

Während des Verfahrens sind dann sämtliche Umstände anzuführen, die zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden sollen, sodass eine Verurteilung unter den genannten Grenzwerten herbeigeführt werden kann.

Verwarnungen mit Strafvorbehalt als Ziel der Verteidigung im Strafverfahren 

Auch die Verwarnung mit Strafvorbehalt gemäß § 59 StGB kann für einen Beschuldigten eine wichtige Rolle spielen und deshalb ein Aspekt der Verteidigung sein.

Die Verwarnung mit Strafvorbehalt ist eine Art Geldstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Das Gericht stellt im Urteil fest, dass der Angeklagte schuldig ist und verwarnt ihn deswegen zu einer Geldstrafe. Das Gericht behält sich aber die Verurteilung zu dieser Geldstrafe vor, wenn sich der Angeklagte nicht innerhalb der „Bewährungszeit“ bewährt.

Die Verwarnung mit Strafvorbehalt kommt regelmäßig dann in Betracht, wenn das Gericht eine Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestimmen möchte und zu erwarten ist, dass der Beschuldigte künftig ohne Verurteilung keine Straftaten mehr begehen wird, besondere Umstände vorliegen, die die Verhängung einer Strafe entbehrlich machen und die Verteidigung der Rechtsordnung die Verhängung einer Strafe nicht gebietet, vgl. § 59 Abs.1 S.1 Nr. 1-3 StGB.

Die Verwarnung mit Strafvorbehalt hat zwei positive Wirkungen für den Beschuldigten: zum einen ist er nur verwarnt und nicht zu einer Geldstrafe verurteilt worden; zum anderen wird auch die Verwarnung mit Strafvorbehalt nicht in das Führungszeugnis eingetragen (§ 32 Abs 2 Nr. 1 BZRG), sodass sich der Beschuldigte als unbestraft bezeichnen darf.

Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass der Beschuldigte für einen gewissen Zeitraum unter „Bewährung“ steht. Dies ist aus strafrechtlicher Sicht kein Nachteil, kann von einem Beschuldigten jedoch als solcher empfunden werden.

Einstellung des Strafverfahrens als Aspekt der Strafmaßverteidigung 

Auch die Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit gemäß § 153 StPO oder die Einstellung des Strafverfahrens gegen Auflagen und Weisungen nach 153a StPO ist regelmäßig ein Ziel der Strafverteidigung.

Wird eine Einstellung angestrebt, ist es die Aufgabe des Verteidigers, bei der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht vor allem Zweifel an der Schwere der Schuld des Beschuldigten aufzuwerfen. Dabei werden die Argumente eingebracht, die gegen die Schwere der Schuld sprechen.

Die Verteidigung bringt hier insbesondere die persönlichen Umstände des Täters sowie solche Umstände, die noch nicht berücksichtigt worden sind, die letztlich jedoch zu der Tat geführt haben, in das Verfahren mit ein, sodass das Gericht diese Aspekte bei ihrer Entscheidung berücksichtigen muss. Hilfreich für eine Einstellung kann die geständige Einlassung sowie eine Entschuldigung und die Bemühung um Wiedergutmachung sein. Dieses Vorgehen ist vorher dringend mit dem Verteidiger zu besprechen, um sich nicht Verteidigungsansätze durch vorschnelles und unüberlegtes Vorgehen zu verbauen oder die eigene Situation schlimmer zu machen, als sie zuvor war.

Die Einstellung nach §§ 153, 153a StPO kann im Ermittlungsverfahren, aber auch noch im Hauptverfahren erfolgen.

Die Einstellung des Verfahrens hat mehrere Vorteile: Der Beschuldigte wird nicht wegen der Tat verurteilt; ihm bleibt unter Umständen die öffentliche Hauptverhandlung vor dem Gericht erspart und das Verfahren gegen ihn wird nicht im Führungszeugnis aufgeführt.

Die Einstellung kann für weitere Verfahren, z.B. zivilgerichtliche Verfahren bedeutsam sein. Dies sind Fälle, in denen der Beschuldigte nicht nur strafrechtlich verfolgt, sondern auch zivilrechtlich von dem Geschädigten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.

Erlass eines Strafbefehls als Ziel der Verteidigung?

Der Erlass eines Strafbefehls nach den §§ 407ff. StPO kann ebenfalls ein Mittel der Strafmaßverteidigung sein. Er kann zum Beispiel dann Verteidigungsziel sein, wenn eine Einstellung nicht erfolgreich ist und dem Beschuldigten eine öffentliche Hauptverhandlung erspart bleiben soll.

Ist der Beschuldigte mit dem Inhalt des Strafbefehls nicht zufrieden, besteht nach dessen Erlass die Möglichkeit Einspruch einzulegen. Nach der Einlegung eines Einspruchs gilt aber eine vereinfachte Beweisaufnahme (§ 411 Abs. 2 Satz 2 StPO) und das Verfahren kann leichter wieder aufgenommen werden (§ 373a StPO). Daher sollte das Strafbefehlsverfahren regelmäßig erst nach vorherigem Gespräch mit der Staatsanwaltschaft angeregt werden, um es nicht zu einem Einspruch kommen zu lassen.

Auch hier gilt also wieder: Bedacht, überlegt und mit Fachexpertise vorgehen.

Zudem hat der Strafbefehl für Beamte einen Vorteil, da durch ihn nicht die Wirkung der § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG, § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG (Entlassung aus dem Beamtenverhältnis) herbeigeführt werden kann (s.o.).

Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung als maßgeblicher Aspekt der Strafverteidigung

Nicht immer wird es der Verteidigung gelingen, eine Einstellung oder eine Geldstrafe zu erwirken. In Fällen, in denen es lediglich um die Höhe der Freiheitsstrafe geht, ist die Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung in der Regel oberstes Ziel der Verteidigung.

Bewährungsstrafe bedeutet, dass der Beschuldigte trotz Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe nicht ins Gefängnis muss.

Eine Bewährungsstrafe ist jedoch nur bei einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren überhaupt denkbar.

Die Strafaussetzung ist in § 56 StGB normiert. Bei Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte schon aufgrund der Verurteilung künftig keine Straftaten begehen wird und es daher keiner Einwirkung durch den Strafvollzug im Gefängnis bedarf.

Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe kann auch ausgesetzt werden, wenn die Freiheitsstrafe mehr als ein Jahr und weniger als zwei Jahre beträgt und nach einer Gesamtwürdigung von der Täterpersönlichkeit und Tat besondere Umstände vorliegen. Bei dieser Abwägung sind die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände der Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Auswirkungen, die von der Aussetzung der Strafe zu erwarten sind, zu berücksichtigen.

Der Strafverteidiger wird deshalb während des Verfahrens sämtliche Umstände, die eine positive Entwicklung des Angeklagten und Sozialprognose zeigen, darlegen, um die Bewährung zu erreichen.

Das waren nun einige Beispiele für Aspekte und Ziele im Rahmen der Strafverteidigung. Wenn das entsprechende Vorgehen, hinreichend Aussicht auf Erfolg hat, wird das primäre Ziel natürlich erst einmal die Abwehr des Tatverdachts bzw. des Vorwurfs in Gänze sein (also eine Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts durch die Staatsanwaltschaft bzw. ein Freispruch durch Gericht).

 

Ihr Anwalt für Strafrecht wird Ihren Fall rechtlich genau prüfen und kann Ihnen aufgrund seiner Fachexpertise und Erfahrung sagen, welche Möglichkeiten für die Verteidigung in Ihrem Fall bestehen und inwiefern sie Aussicht auf Erfolg haben. Wichtig ist es, strategisch vorzugehen und jeden Schritt genau zu durchdenken. Deswegen ist es in der Regel sinnvoll, sich an einen Anwalt für Strafrecht zu wenden und diesen mit der Strafverteidigung zu betrauen.

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