Aussetzung § 221 StGB:
Anwalt hilft beim Vorwurf der Aussetzung gemäß § 221 StGB

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Startseite » Anwalt Strafrecht » Vorladung » Aussetzung (§ 221 StGB)

Jemanden im Stich zu lassen kann strafbar sein. Als erstes denken viele nun vermutlich an eine Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung. Doch eine hilflose Person im Stich zu lassen (oder sogar eine Person in eine hilflose Lage zu bringen), kann aber insbesondere eine Aussetzung sein, wofür Freiheitsstrafen gemäß § 221 StGB drohen. Geschützt werden soll durch die Strafbewehrung der Aussetzung das Leben und die körperliche Unversehrtheit.

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Wie wird Aussetzung nach § 221 StGB bestraft?

Eine begangene Aussetzung wird in der Regel (also quasi „im Normalfall“) mit einer Freiheitsstrafe zwischen 3 Monaten und 4 Jahren bestraft.

In bestimmten Fällen, beispielsweise wenn durch die Aussetzung das Opfer eine schwere Gesundheitsschädigung erleidet, drohen höhere Strafen, genauer gesagt eine Freiheitsstrafe zwischen einem und 10 Jahren.

Stirbt das Opfer durch die Aussetzung droht eine Freiheitsstrafe von mindestens 3 Jahren – also eine Freiheitsstrafe zwischen 3 und 15 Jahren.

 

In sogenannten minder schweren Fällen bei 221 StGB ist jedoch eine geringere Strafe möglich.

Wann ein minder schwerer Fall einer Aussetzung vorliegt, kann nicht allgemein beantwortet werden. Wichtig ist hierbei die genaue Betrachtung aller der Straftat zugrunde liegenden Umstände. Stellt sich die Tat in dieser Gesamtschau so dar, dass der normalerweise vorgesehene Strafrahmen als zu hart erscheint, besteht die Möglichkeit der Annahme eines minder schweren Falls und in der Folge die Anwendung eines geringeren Strafrahmens bei der Bestimmung der genauen Strafe.

Auch hier zeigt sich die Wichtigkeit, sich fachkompetente, professionelle Hilfe zu suchen, wenn man sich des Vorwurfs der Aussetzung versieht. Es bedarf eines geschulten Auges, solche Umstände zu erkennen, die schlussendlich die Möglichkeit der Annahme eines minder schweren Falls begründen. Dies kann ein Ansatzpunkt für die Strafverteidigung sein.

Einen minder schweren Fall bejahte zum Beispiel das Landgericht Zweibrücken für einen zu entscheidenden Fall insbesondere auf der Grundlage, dass sich der nicht vorbestrafte Angeklagte zu erkennen gab, nachdem das Opfer aufgefunden wurde und zum Tatzeitpunkt aufgrund vorheriger wiederholter Beleidigungen seitens des Geschädigten besonderen Stresses ausgesetzt war (LG Zweibrücken, Urteil v. 12.01.2000 – 4047 Js 2448/99 – 1 Ks in BeckRS 2000, 9508)

Wann droht eine Strafbarkeit wegen Aussetzung bei § 221 StGB?

Eine Strafbarkeit wegen Aussetzung knüpft an eine hilflose Lage an, in der sich das Opfer der Tat befindet.

Strafbar ist es sowohl, das Opfer in eine solche Lage zu bringen (zu versetzen) als auch (unter bestimmten Voraussetzungen) eine Person, die sich in einer hilflosen Lage befindet im Stich zu lassen.

Strafbar ist dies aber nur, wenn durch diese Handlung bzw. das Im Stich lassen (also das Nichthandeln) das Opfer in Gefahr gerät, namentlich in Todesgefahr oder die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung (§ 221 Abs.1 StGB).

Wann befindet sich das Opfer in einer hilflosen Lage?

Eine hilflose Lage in diesem Sinne muss also eine solche sein, die ihrer Natur nach die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung oder des Eintritts des Todes in sich trägt.

Wer sich aus dieser Situation nicht aus eigenen Kräften befreien kann und wenn auch niemand erreichbar ist, der Hilfe leisten könnte (und würde), es also keine tatsächlich bestehende Möglichkeit gibt, dieser Lage zu entrinnen, so befindet sich die betroffene Person in einer hilflosen Lage in diesem Sinne. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine stark alkoholisierte, leicht bekleidete Person sich bei kalten Außentemperaturen draußen aufhalten muss (vgl. BGH Urteil v. 12.07.2017 – 5 StR 134/17 (LG Hamburg) in NStZ 2018, 209).

Versetzen einer Person in eine hilflose Lage

Strafbar ist es, eine Person in eine derartige hilflose Lage zu versetzen.

Das kann zum einen dadurch geschehen, dass zuvor für die betroffene Person keine hilflose Lage bestand, jetzt aber schon oder auch dadurch, dass das Opfer sich bereits in einer hilflosen Lage befand und dieser Zustand durch den Täter aber noch gesteigert – verschlimmert – wird.

Da eine hilflose Lage eine solche ist, aus der sich das Opfer nicht selbst befreien kann und auch keine Hilfe erreichbar ist, gibt es quasi 2 Regler, die der Täter beeinflussen kann, um die hilflose Lage entweder zu schaffen oder zu verstärken (und damit das Opfer in eine hilflose Lage versetzt). Er kann den Grad der Hilfsbedürftigkeit des Opfers verstärken oder verhindern, dass Hilfe für das Opfer erreichbar ist.

Die Schaffung oder Steigerung der hilflosen Lage muss aufgrund des Täters geschehen, es muss ihm also zuzurechnen sein (Eine Strafbarkeit wegen Aussetzung ist also z.B. dann zu verneinen, wenn das Opfer sich freiwillig selbst in die hilflose Lage versetzt).

Muss der Aufenthaltsort der Person geändert werden?

Nein. Auch wenn das Wort (Versetzen) danach klingt, als müsste der Täter das Opfer an einen anderen Ort bringen, so ist dies nicht Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Aussetzung durch das Versetzen einer Person in eine hilflose Lage.

So bejahte der Bundesgerichtshof (BGH) ein Versetzen einer Person in eine hilflose Lage in einem Fall, in dem einer der Angeklagten den Geschädigten, der eine geistige Behinderung hatte und bei den Angeklagten lebte, unter anderem (mit einem Holzschemel) schlug und trat, die Angeklagten den schwer verletzten Geschädigten auf eine Couch legten und sich dann aber nicht mehr um ihn kümmerten und auch keine Hilfe holten. Der Geschädigte war so schwer verletzt, dass er nicht aufstehen und sich folglich auch nicht aus dieser Situation befreien konnte (er konnte aus diesem Grund z.B. auch nichts trinken). In diesem Geschehen sah der BGH das Versetzen des Geschädigten in eine hilflose Lage.

Als die Angeklagten erkannten, dass der Geschädigte sterben würde, wollten sie verhindern mit seinem Tod in Verbindung gebracht zu werden und ihn daher an einen anderen Ort fahren. Noch im Auto starb der Geschädigte. BGH Urteil v. 05.03.2008 – 2 StR 626/07 (LG Kassel) in NJW 2008, 2199.

Kann man auch durch bloßes Nichtstun jemanden in eine hilflose Lage versetzen?

Nur weil der Begriff des „Versetzens“ seinem Wortlaut nach eher eine aktive Handlung beschreibt, heißt das nicht, dass sich eine Strafbarkeit wegen Aussetzung in Gestalt des Versetzens einer Person in eine hilflose Lage nur dadurch ergeben kann, dass der Täter aktiv handelt. Eine Strafbarkeit von Delikten, die eigentlich an aktives Tun anknüpfen, kann unter bestimmten Voraussetzungen auch durch ein Unterlassen begründet werden. Eine der Voraussetzungen hierfür ist, dass das Unterlassen in dem konkreten Fall quasi einem Handeln entspricht, also gleichsteht.

Aber nicht jeder kann sich wegen eines eigentlich an ein aktives Tun anknüpfendes Delikt durch Unterlassen strafbar machen. Ein Unterlassen kann grundsätzlich nämlich nur dann strafbar sein, wenn jemand dazu verpflichtet war zu Handeln.

Eine solche Handlungspflicht kann sich aus verschiedenen Faktoren ergeben. Man spricht hier dann davon, dass der (die Handlung unterlassende) Täter Garant ist. Eine solche Garantenstellung kann sich zum Beispiel aus einem besonderen Näheverhältnis, in dem sich die Personen gegenseitig zum Schutz (zur Obhut) verpflichtet sind, ergeben, aber unter Umständen beispielsweise auch aus einem vorangegangenen Handeln.

So bejahte der BGH eine Garantenstellung der Angeklagten, die sich an einem zuvor begangenen sexuellen Missbrauch der Geschädigten (durch mehrere Personen) beteiligt hatten und sie anschließend bei kalten Außentemperaturen leicht bekleidet und stark alkoholisiert vor die Tür setzten. Der BGH bejahte die Voraussetzung einer Garantenstellung aus vorherigem Tun, dass dieses vorherige Tun bereits die Gefahr der später durch Unterlassen herbeigeführten Aussetzung in sich tragen muss, indem er daran anknüpfte, dass durch den vorherigen von mehreren Personen an der Geschädigten begangenen sexuellen Missbrauch „der Eindruck entstanden sein [kann], man könne mit der Geschädigten nach Belieben wie mit einer Sache verfahren und sie deshalb auch in lebensgefährdender Weise auf dem Hof geradezu „entsorgen““ BGH Urteil v. 12.07.2017 – 5 StR 134/17 (LG Hamburg) in NStZ 2018, 209.

Anwalt erklärt: Können nur bestimmte Personen sich wegen Aussetzung nach 221 StGB strafbar machen?

Teilweise. Eine Strafbarkeit wegen Aussetzung ist in verschiedenen Konstellationen denkbar. Das Gesetz selbst differenziert zwischen dem Versetzen in eine hilflose Lage und dem Im Stich Lassen einer Person, die sich in einer solchen Lage befindet.

Beim Versetzen in eine hilflose Lage können sich dann nur bestimmte Personen deswegen strafbar machen, wenn das vorgeworfene Verhalten die Nichtvornahme einer Handlung ist. Bei aktivem Handeln kann grundsätzlich jeder Täter sein.

Die Alternative des Im Stich Lassens können aber von Anfang an nur bestimmte Personen, die in einem bestimmten Verhältnis zum Opfer der Tat stehen, begehen. Es muss sich nämlich um eine Person handeln, die das Opfer „in seiner Obhut hat oder ihm sonst beizustehen verpflichtet ist“ (§ 221 Abs.1 Nr.2 StGB).

Es liegt nun nahe zu denken, dass dies automatisch dann der Fall ist, wenn Täter und Opfer miteinander verwandt sind. Das stimmt so (in dieser Absolutheit) aber nicht. Zwar ist es im Rahmen eines familiären Näheverhältnisses oftmals der Fall, dass ein Obhutsverhältnis oder ein anderes Verhältnis, das eine Beistandspflicht in diesem Sinne begründet, besteht, allerdings muss trotz familiärer Beziehung dieses Verhältnis festgestellt werden. Allein der Umstand, dass man verwandt ist, begründet eine solche Beziehung nicht. Mit dieser Begründung verneinte das Landgericht Kiel eine solche Beziehung zwischen zwei Geschwistern, die auch zusammenwohnten. Der Vorwurf gegen die Angeklagte bestand darin, dass sie ihren unter Methadon Einfluss befindlichen Bruder mehrere Tage liegen ließ, was dazu führte, dass eine daher nicht erkannte Lungenentzündung die Ursache dafür war, dass der Bruder starb. LG Kiel Beschluss v. 02.06.2003 – VIII Ks 2 /03 in NStZ 2004, 157.

Beispiel für eine solche Nähebeziehung in Gestalt einer Obhutspflicht kann das Verhältnis eines Taxifahrers zu der beförderten Person sein. Hier hat der Taxifahrer eine Obhutspflicht übernommen (indem er den Gast befördert). Darauf stützte sich das Landgericht Zweibrücken, als es über die Strafbarkeit eines angeklagten Taxifahrers zu entscheiden hatte. Dieser hatte einen erheblich alkoholisierten Gast mitgenommen, welcher ihn mehrfach, nahezu permanent, während der Fahrt beleidigte (unter anderem). Als der Gast einen Zwischenstopp verlangte, ausstieg und aufgrund seines alkoholisierten Zustandes stürzte, den Angeklagten aber weiterhin beleidigte, beschloss der Taxifahrer den Gast nicht weiter zu befördern und ihn stattdessen nachts in der abgelegenen Gegend, in der sie sich befanden, zurückzulassen (ohne anderweitige Hilfspersonen zu verständigen). Wenige Zeit später wurde der alkoholisierte Fahrgast von einem anderen KfZ erfasst und starb. Aufgrund des alkoholisierten Zustandes in Verbindung mit den örtlichen Verhältnissen (eine abgelegene Gegend zur Nachtzeit) befand sich der Geschädigte in einer hilflosen Lage, in der der Angeklagte ihn zurückließ (im Stich ließ), obwohl der Angeklagte durch die Beförderung eine Obhutspflicht für den Geschädigten übernommen hatte. Dass der Geschädigte durch das Zurücklassen sterben könnte, war vorhersehbar. Das LG Zweibrücken bejahte daher eine Strafbarkeit wegen Aussetzung mit Todesfolge wegen Im Stich Lassen einer Person in einer hilflosen Lage. LG Zweibrücken, Urteil v. 12.01.2000 – 4047 Js 2448/99 – 1 Ks in BeckRS 2000, 9508.

Eine Person in einer hilflosen Lage im Stich lassen

Das Im Stich Lassen einer Person ist als solches ein strafbares Unterlassen. Es gibt also Delikte, die von Anfang an, aus sich selbst heraus, an ein Nichtstun eine Strafbarkeit – also einen strafrechtlichen Vorwurf – knüpfen. Zwar haben wir ja oben gesagt, dass auch das Versetzen einer Person in eine hilflose Lage durch die Nichtvornahme einer Handlung geschehen kann, allerdings ist dies eine begründungsbedürftige Ausnahmekonstellation, denn dieses strafbare Verhalten knüpft ja eigentlich an ein aktives Tun an. Wir sagen in diesem Fall nur, dass wenn das Unterlassen quasi einem Tun entspricht und der Täter zudem auch aufgrund bestimmter Umstände dazu verpflichtet war, zu handeln, auch daran eine Strafbarkeit (ausnahmsweise) geknüpft werden kann.

Die Alternative des Im Stich Lassen ist aus sich heraus ein Unterlassen, das unter Strafe gestellt ist. § 221 StGB selbst ordnet eine Strafbarkeit aber dann nur an, wenn das eben thematisierte Obhuts- bzw. Beistandsverhältnis zwischen Täter und Opfer bestand.

Das klingt verwirrend und wie eine unnötige Aufspaltung derselben Thematik. Dem ist aber nicht so.

Ganz allgemein muss man zusammenfassend im Strafrecht also unterscheiden:

  • 1. Es gibt Delikte, die man eigentlich nur durch aktives Handeln begehen kann (z.B. Totschlag § 212 StGB, Körperverletzung, Aussetzung durch Versetzen einer Person in eine hilflose Lage). Wenn ein Unterlassen im konkreten Fall aber quasi einem Handeln entspricht und der Täter auch noch aufgrund seiner Person dazu verpflichtet war, zu Handeln und es aber nicht tut, dann kann das strafbar sein. (sogenannte unechte Unterlassungsdelikte)
  • 2. Es gibt Delikte, die aus sich heraus nur durch die Nichtvornahme einer Handlung begangen werden können (z.B. Unterlassene Hilfeleistung oder die Aussetzung durch das Im Stich Lassen einer Person in einer hilflosen Lage). Und dann kann dieses Delikt auch eigentlich jeder begehen (die Aussetzung ist hier ein Sonderfall, da hier das Obhutsverhältnis hinzukommen muss). (sogenannte echte Unterlassungsdelikte)

Die nächste Frage, die man sich (verständlicherweise) nun stellt, ist: Wieso gibt es diese Differenzierung, wenn es so oder so auf eine Strafbarkeit hinausläuft?

Das liegt insbesondere daran, dass bei unechten Unterlassungsdelikten (solche, die eigentlich durch aktives Handeln begangen werden), die Möglichkeit einer Strafmilderung vorgesehen ist. Die Strafe kann dann (muss aber nicht) milder ausfallen, wenn eine Tat durch Unterlassen anstatt durch aktives Tun begangen wird. Bei echten Unterlassungsdelikten (die von sich aus ein Unterlassen als strafwürdig einstufen), ist diese Möglichkeit nicht vorgesehen.

Ein strafbares im Stich Lassen einer in einer hilflosen Lage befindlichen Person sah der BGH darin, dass die Geschädigte über einen Balkon stürzte, sich festhalten konnte und deswegen über längere Zeit ungefähr 12 Meter über dem Boden hing. Sie schrie nach dem (in der Wohnung anwesenden) Angeklagten, welcher ihr aber nicht zur Hilfe kam (obwohl ihm das möglich gewesen wäre) und stattdessen die Wohnung verließ. Die Geschädigte konnte sich kurz darauf nicht mehr festhalten, stürzte und starb.

Zwar ist das Verlassen eines Ortes ein aktives Handeln, allerdings liegt in einer solchen Konstellation der Schwerpunkt des dem Angeklagten gemachten Vorwurfs darin, dass er der Geschädigten nicht half, also etwas unterließ. BGH, Beschluss v. 19.10.2011 – 1 StR 233/11 (LG – SchwG Memmingen) in NStZ 2012, 210.

Welche Anforderungen wegen Aussetzung gem. § 221 StGB werden an die Gefahr, in die das Opfer gebracht wird, gestellt?

Durch die hilflose Lage, in die der Täter das Opfer entweder versetzt oder es im Stich lässt, muss das Opfer dann in eine Gefahr für die körperliche Unversehrtheit (schwere Gesundheitsschädigung) oder für sein Leben (Todesgefahr) geraten. Erforderlich ist eine sogenannte konkrete Gefahr (im Gegensatz zu einer abstrakten Gefahr). Die Eintritt des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung hängt in diesem Fall dann also praktisch nur noch vom Zufall ab.

Wichtig: Die hilflose Lage und die konkrete Gefährdung dürfen nicht dasselbe sein. Die hilflose Lage ist schließlich im Grunde bereits eine Gefährdung. Für eine Strafbarkeit wegen Aussetzung dürfen diese beiden Merkmale aber nicht zusammenfallen. Die geschädigte Person muss sich in einer hilflosen Lage befinden und daraus muss eine konkrete Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung entstehen.

Das bedeutet also: Eine Strafbarkeit wegen Aussetzung droht nicht erst dann, wenn das Opfer verletzt wird (im Sinne einer Gesundheitsschädigung) oder stirbt, sondern bereits dann, wenn das Opfer in die dahingehende konkrete Gefahr gebracht wird. Realisiert sich diese Gefahr, drohen aber höhere Strafen.

Wann droht eine höhere Strafe für Aussetzung nach 221 StGB?

Für bestimmte Arten der Aussetzung knüpft das Gesetz eine höhere Strafe für die Tat an. Dies begründet sich darin, dass das Opfer und der Täter in einem besonderen Näheverhältnis zueinander stehen oder dass die Folgen für das Opfer besonders schwerwiegend sind.

Eine höhere Strafe droht daher …

… wenn das Opfer jemand ist, der dem Täter anvertraut wurde

Ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Täter und dem Opfer, wie es der Fall ist, wenn das Opfer dem Täter „zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist“ (§ 221 Abs.2 Nr.1 StGB), ist Grundlage dafür, eine dann begangene Aussetzung härter zu bestrafen, also beispielsweise Stiefeltern oder im Rahmen einer Pflegefamilie.

Gibt es eine besonders hohe Strafe, wenn die Aussetzung gemäß § 221 StGB zum Nachteil des eigenen Kindes begangen wird?

Ja. Die Aussetzung wird härter bestraft, wenn sich die Tat gegen das eigene Kind richtet. Diese Fallgruppe steht also in Zusammenhang mit der Strafschärfung dafür, dass das Opfer dem Täter zur Erziehung oder Lebensführung anvertraut ist.

… wenn das Opfer durch die Aussetzung eine schwere Gesundheitsschädigung erleidet

Auch wenn das Opfer durch die Aussetzung schwer an seiner Gesundheit geschädigt wird, droht eine höhere Bestrafung für eine begangene Aussetzung. Hier sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe zwischen einem und 10 Jahren vor.

… wenn das Opfer durch die Aussetzung stirbt

Auch wenn das Opfer durch die Aussetzung stirbt, drohen höhere Strafen. Eine Aussetzung mit Todesfolge kann auch dann gegeben sein, wenn das Opfer schlussendlich durch das Verhalten einer weiteren Person stirbt.

So bejahte das LG Kiel (bestätigt durch den BGH) eine Strafbarkeit wegen Aussetzung mit Todesfolge eines Polizeibeamten, der einen alkoholisierten Achtzehnjährigen nachts außerhalb einer Ortschaft absetzte, der Geschädigte herumlief, sich auf die Straße setzte und daher von einem Auto erfasst wurde und starb.

Die Polizeibeamten wurden zu einem Haus gerufen, weil der Geschädigte – in dem Glauben dort zu wohnen – hineingelangen wollte. Die Polizeibeamten erteilten ihm einen Platzverweis, fanden ihn aber kurze Zeit später an dem Haus auf. Der Geschädigte war erkennbar alkoholisiert desorientiert, aber wirkte nicht hilflos (objektiv war er aber desorientiert und unter starkem Alkoholeinfluss, er war also hilflos). Die Beamten wollten ihn sodann zum ausnüchtern mitnehmen (dadurch begründeten die Polizeibeamten ein Obhutsverhältnis zu dem Geschädigten). Einer der angeklagten Polizeibeamten beschloss dann aber, den Geschädigten außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs und außerhalb einer Ortschaft abzusetzen (also keine erreichbare Hilfe – hilflose Lage), erkennend, dass der Geschädigte dadurch in Gesundheits- sowie Lebensgefahr geraten könnte, weil er möglicherweise nicht alleine den Weg nach Hause finden würde.

Der Geschädigte lief an der Fahrbahn entlang, setzte sich auf die Fahrbahn und wurde dort von einem Auto, dessen Fahrerin ihn aufgrund der Dunkelheit nicht gesehen hatte, erfasst. Dieses Geschehen ist nicht abwegig, sondern wirkte nahezu vorhersehbar. Die Aussetzung und der Tod des Geschädigten hingen also miteinander zusammen, sodass der wegen Aussetzung verurteilte Polizeibeamte hierfür Verantwortung tragen musste und er folglich wegen Aussetzung mit Todesfolge – und dem entsprechend höheren Strafrahmen – verurteilt wurde.

Der andere Polizeibeamte machte sich (bei ihm lagen die Umstände etwas anders) wegen fahrlässiger Tötung strafbar.

LG Kiel, Urteil v. 17.09. 2008 – 8 Ks 6/08 in BeckRS 2009, 10275

Muss es dem Täter gerade darauf ankommen, das Opfer einer Gefahr auszusetzen?

Nein. Zwar setzt eine Strafbarkeit wegen Aussetzung vorsätzliches Handeln des Täters voraus, jedoch bedeutet das nicht zwangsläufig, dass es dem Täter gerade auf die Gefährdung des Opfers ankommen muss. Es genügt, dass der Täter die Möglichkeit des Entstehens einer solchen Gefahr erkennt und billigend in Kauf nimmt. Auch das ist eine Form von vorsätzlichem Handeln.

Hinsichtlich der tatsächlich hervorgerufenen schweren Gesundheitsschädigung des Opfers bzw. hinsichtlich seines Todes ist hingegen nicht zwingend Vorsatz erforderlich. Hier genügt (allein bezüglich dieser Folge der Aussetzung genügt das) fahrlässiges Verhalten, also dass das Opfer beispielsweise dadurch stirbt, dass der Täter eine Sorgfaltspflicht verletzte und es sowohl vorhersehbar als auch vermeidbar war, dass das Opfer durch die Tat stirbt. Hinsichtlich der Aussetzung als solcher, also z.B. dem Versetzen in eine hilflose Lage (was die Grundlage für den späteren Tod ist), muss der Täter aber trotzdem vorsätzlich handeln. Nur hinsichtlich des Umstands, dass das Opfer schlussendlich stirbt, genügt Fahrlässigkeit.

Kann ich mich als Opfer einer Aussetzung dem Strafverfahren anschließen?

In einem Strafverfahren wegen Aussetzung ist dies ausnahmsweise möglich. Das Opfer einer Straftat ist nämlich normalerweise nur als Zeuge am Strafverfahren beteiligt. Es gibt aber bestimmte Delikte, bei denen sich das Opfer der Straftat als Nebenkläger dem Strafverfahren anschließen und so in gewissem Maß daran mitwirken kann. Die Aussetzung ist ein solches Delikt.

Wir als Fachanwälte für Strafrecht vertreten Ihre Interessen nicht nur im Rahmen einer Strafverteidigung, sondern auch im Rahmen einer Nebenklagevertretung, wenn Sie Opfer einer Straftat geworden sind und sich als Nebenkläger dem Strafverfahren anschließen möchten. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Angehörige eines Opfers einer Straftat Nebenkläger werden.

Näheres zu unserer Tätigkeit als Nebenklagevertreter und weitere Informationen zur Nebenklage erhalten Sie hier .

 

Wenn Sie mit dem Vorwurf konfrontiert sind, sich wegen Aussetzung strafbar gemacht zu haben, sollten Sie nicht zögern und sich am Besten so schnell wie möglich an einen Anwalt für Strafrecht wenden. Dabei empfiehlt es sich auch, nicht allzu lange damit zu warten. Zwar ist eine Strafverteidigung auch dann noch wichtig, wenn Sie bereits eine Anklage von der Staatsanwaltschaft erhalten haben, allerdings stehen einer effektiven Strafverteidigung mehr Möglichkeiten offen, je eher Sie sich bei Ihrem Anwalt melden.

Für weitere Fragen sowie persönliche Beratungsgespräche, kontaktieren Sie uns gerne.

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