Amtsanmaßung
( § 132 StGB )
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Ist es strafbar, sich als Polizist auszugeben? Macht man sich durch das Tragen einer Uniform strafbar? Was ist, wenn das Gegenüber die Täuschung erkennt?
Schnell zum Inhalt:
Das Telefon klingelt. Es meldet sich ein Polizeibeamter und erklärt Ihnen, ihr Geld sei in Gefahr und Sie sollen es an ein von ihm angegebenes Konto überweisen, um es vor einem bevorstehenden Verlust zu schützen. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der Aussage eines Polizeibeamten, leisten Sie dem Folge. Das große Problem an der Sache: Das war kein Polizist, das Geld drohte nie verlustig zu gehen, jedenfalls bis es überwiesen wurde. (Abgewandelt, aber angelehnt an: BGH, Beschluss (5. Strafsenat) v. 29.04.2021 – 5 StR 476/20 in BeckRS 2021, 13188)
Dass dieses Verhalten – das Vortäuschen Polizeibeamter zu sein, um an das Geld von anderen Leuten zu kommen – strafbar ist, bedarf wohl ganz grundsätzlich keiner weiteren Erklärung.
Interessant ist aber, was für Straftaten hier begangen wurden.
Diebstahl? Betrug? Was davon genau, das hängt von den genauen Umständen des Einzelfalls ab.
Aber angegriffen wurde hier ja nicht nur das Vermögen des Angerufenen, sondern auch ein weiteres fundamentales Rechtsgut. Das Vertrauen in den Staat. Das Vertrauen, dass ein Polizeibeamter, der sich als solcher ausgibt und in der Funktion eines solchen handelt, auch ein solcher ist. Man spricht hier vom Schutzgut der „öffentlichen Ordnung“.
Dies zu erschüttern, indem man fälschlicherweise vorgibt Amtsträger zu sein und Funktionen eines solchen auszuüben, ist strafbar. Und zwar als Amtsanmaßung nach § 132 StGB – eine der Straftaten gegen die öffentliche Ordnung.
Weitere Straftaten gegen die öffentliche Ordnung sind zum Beispiel Hausfriedensbruch, Landfriedensbruch, Volksverhetzung, das Vortäuschen einer Straftat aber auch das unerlaubte Entfernen vom Unfallort (die sogenannte „Fahrerflucht“) .
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Wie wird Amtsanmaßung bestraft?
Amtsanmaßung kann mit einer Geldstrafe, aber auch mit einer Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren bestraft werden.
Wann macht man sich wegen Amtsanmaßung strafbar?
Eine strafbare Amtsanmaßung ist im Grunde das Vortäuschen, Inhaber eines Amtes zu sein.
Das kann entweder dadurch zum Ausdruck kommen, dass sich der Betroffene
- mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes befasst oder
- eine solche Handlung vornimmt, die man nur dann vornehmen darf, wenn man Inhaber eines öffentlichen Amtes ist
(vgl. § 132 StGB).
Welche Ämter sind damit gemeint?
Ein Amt in diesem Sinne kann zum Beispiel sein …
- Polizeibeamte
- Richter
- Staatsanwälte
- Notare
- Schulärzte
- Organe der staatlichen, z.B. kommunalen, Verwaltung
Diese Aufzählung ist aber nur beispielhaft und nicht abschließend.
Wann befasst man sich in strafbarer Weise mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes?
Zunächst ist es strafbar, sich als Amtsträger auszugeben und in diesem Zusammenhang eine Handlung, die nur ein solcher Amtsträger vornehmen darf, vorzunehmen. Das Zusammenspiel dieser beiden Faktoren ist dann die Ausübung eines öffentlichen Amtes – geschieht dies unbefugt, ist das strafbar.
Demnach ist es wichtig, dass das Verhalten eine gewisse Außenwirkung hat. Sich einfach „nur“ als Amtsträger auszugeben (ohne eine entsprechende Handlung vorzunehmen), genügt nicht.
Das liegt vor allem daran, dass ansonsten der Schutzzweck – das ist hier v.a. die staatliche Autorität – nicht betroffen ist.
Straftatbestände finden ihre Existenzbegründung darin, dass etwas geschützt werden soll. Droht keine Gefahr für das geschützte Rechtsgut, muss eine Strafbarkeit entfallen.
Bei der Amtsanmaßung ist für diese Gefährdung zum Beispiel entscheidend, wie oft jemand als Amtsträger auftritt oder wie stark der Anschein erweckt wird, wie viele Personen davon betroffen sind und wie stark die Personen auch tatsächlich betroffen sind (also wie stark sie beeinflusst werden konnten) (Vgl. KG, Beschluss v. 19.01.2007 – (2/5) 1 Ss 111/06 (51/06) in NJW 2007, 1989).
Wann ist das konkret der Fall? Und wann nicht?
Ein Vortäuschen der Amtsträgereigenschaft in Verbindung mit der Vornahme einer nur von einem Amtsträger vorzunehmenden Handlung kann zum Beispiel darin liegen, dass sich jemand als Polizeibeamter ausgibt und unter wahrheitswidriger Behauptung, dass sich aus einem laufenden Ermittlungsverfahren Anzeichen dafür ergäben, dass Wertsachen in Bankschließfächern der Geschädigten gefährdet seien die Betroffenen dazu bringt, diese Wertsachen auszuhändigen, unter Vorgabe, daran kriminalistische Untersuchungen vorzunehmen (vgl. BGH, Beschluss (5. Strafsenat) v. 29.04.2021 – 5 StR 476/20 in BeckRS 2021, 13188).
Eine Strafbarkeit wegen Amtsanmaßung verneinte der BGH allerdings für einen Fall, in dem der Angeklagter vorgab, Justizbeamter zu sein und für eine Strafanstalt Kleidung bestellte. Das begründete das Gericht damit, dass der Schutzzweck (also im Grunde der Existenzgrund) des Straftatbestandes der Amtsanmaßung in diesem Fall nicht tangiert war. Geschützt werden soll nämlich insbesondere die staatliche Autorität bzw. das Vertrauen darin. Übt der Angeklagte diese nicht aus, ist sie nicht gefährdet. Das Bestellen von Kleidung ist nämlich keine Handlung, die speziell aufgrund staatlicher Befugnisse vorgenommen wird (es besteht hier faktisch kein Unterschied zwischen dem Handeln eines Beamten und einer Privatperson). Und deswegen müsse dieses Verhalten auch nicht als Amtsanmaßung bestraft werden. Vgl. BGH, Urteil v. 19.08.1958 – 5 StR 338/58 (LG Hannover) in NJW 1958, 1692.
Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Amtsanmaßung ist, dass man sich nicht nur als Amtsträger ausgibt, sondern darüber hinaus auch eine entsprechende Handlung (eines Amtsinhabers) vornimmt. Fehlt letzteres, macht man sich nicht strafbar.
Aus diesem Grund verneinte das Kammergericht (Berlin) eine Strafbarkeit wegen Amtsanmaßung eines Rechtsanwalts, der bei der Polizei anrief, sich als Staatsanwalt vorstellte und Herausgabe beschlagnahmten Geldes seiner Mandantin verlangte. Als er dazu aufgefordert wurde, eine entsprechende staatsanwaltliche Verfügung vorzuzeigen, sendete er allerdings ein Schriftstück mit einem Briefkopf, der ihn als Anwalt auswies. Es fehlte also an einer Handlung, die nur ein Staatsanwalt vornehmen kann – das Schreiben erweckte nicht den Anschein einer Verfügung eines Staatsanwalts. Dass der Angeklagte das Zusenden einer solchen Verfügung zusagte, ändert daran nichts, da er nur mitteilte allgemein (nicht unbedingt selbst) eine staatsanwaltliche Verfügung zu überreichen. Vgl. KG, Beschluss v. 19.01.2007 – (2/5) 1 Ss 111/06 (51/06) in NJW 2007, 1989.
Wann macht man sich wegen Amtsanmaßung durch Vornahme bestimmter amtstypischer Handlungen strafbar?
Eines Amtes anmaßen kann man sich auch, wenn man bestimmte Handlungen vornimmt, die nur ein entsprechender Amtsträger vornehmen darf.
Das klingt so, als wäre es zur ersten – soeben dargestellten – strafbaren Handlung identisch. Ist es aber nicht ganz. Der Unterschied liegt nämlich darin, dass hier der Handelnde lediglich eine Handlung vornimmt, die einem Amtsträger zukommt, er sich aber nicht vordergründig die Stellung als solche zuschreibt. Eine Ähnlichkeit zur ersten Alternative besteht aber definitiv.
Eine solche Handlung, die typischerweise von entsprechenden Amtsträgern vorgenommen wird, kann zum Beispiel das Verteilen eines Schreibens sein, in dem die Menschen dazu aufgefordert werden, ihre Dokumente für eine Volkszählung zurückzugeben und diese Schreiben auch so gestaltet sind, dass sie wirken, als kämen sie von der zuständigen Behörde (z.B. durch Briefkopf mit Wappen der Stadt). Hier entsteht der Eindruck, ein Amtsträger hätte in Ausübung seiner Tätigkeit (hoheitlich) gehandelt. Vgl. LG Paderborn, Urteil v. 15.10.1987 – 5 Ns 21 Js 454/87 in NJW 1989, 178.
Eine Handlung, die auch typisch für Amtsträger ist (nämlich deshalb weil nur ein Amtsträger sie vornehmen darf), ist das Überkleben von Verkehrszeichen mit anderen Verkehrszeichen.
Dies entschied das OLG Köln. In diesem Zusammenhang entschied es auch, dass es für die Amtsanmaßung nicht entscheidend ist, dass der Angeklagte in Erscheinung tritt und sich so eines Amtes anmaßt. Entscheidend war hier die Vornahme einer Handlung, die nur Amtsträger vornehmen dürfen. Vgl. OLG Köln, Beschluss v. 15.09.1998 – Ss 395-98 in NJW 1999, 1042.
Wichtig: Eine Strafbarkeit wegen Amtsanmaßung setzt in beiden Alternativen voraus, dass tatsächlich die Vornahme einer Amtshandlung vorgetäuscht wurde. Das bloße Vorspiegeln einer Amtsträgereigenschaft, ohne entsprechende Handlungen vorzunehmen, ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar. (das kann aber unter Umständen eine Strafe wegen Missbrauchs von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen nach sich ziehen).
Wann ist die Ausübung eines Amtes unbefugt?
Unbefugt ist die Ausübung eines Amtes dann, wenn der Ausübende tatsächlich gar nicht Inhaber dieses Amtes ist. Das bedeutet konsequenterweise, dass auch Amtsinhaber sich der Amtsanmaßung strafbar machen können: Nämlich dann, wenn sie ihre Kompetenzen in dieser Art überschreiten bzw. im Grunde ein Amt ausüben, dass nicht ihres ist.
Entscheidend ist also, dass die amtliche Handlung ohne Einverständnis der zuständigen Stelle vorgenommen wird (BGH, Urteil v. 09.12.1993 – 4 StR 416/93 (LG Magdeburg) in NStZ 1994, 179).
Macht man sich auch strafbar, wenn man nur einem anderen bei Begehung einer Amtsanmaßung hilft?
Ja, es kann auch strafbar sein, einer anderen Person bei der Begehung einer Amtsanmaßung zu helfen. Man spricht hier von der sogenannten Beihilfe zu einer Straftat, also das vorsätzliche Fördern einer solchen. Die hilfeleistende Person wird zwar mit einer geringeren Strafe bestraft, als derjenige der die Straftat als Täter begeht. Strafbar macht sich aber auch der Hilfeleistende.
Auch ein gemeinschaftliches Zusammenwirken auf Grundlage eines gemeinsamen Tatplans zur Begehung einer Amtsanmaßung (sogenannte Mittäterschaft), kann strafbar sein.
Es ist also nicht immer zwingend erforderlich, alle Voraussetzungen einer Strafbarkeit selbst zu verwirklichen. Vgl. BGH, Urteil v. 02.06.2021 – 3 StR 21/21 in NJW 2021, 2813.
Macht man sich wegen Amtsanmaßung nur dann strafbar, wenn die getäuschte Person darauf hereinfällt?
Nein. Das liegt daran, dass die Amtsanmaßung bereits deshalb unter Strafe gestellt wird, weil sie bereits abstrakt die öffentliche Ordnung gefährdet. Der Eintritt eines Schadens oder eine konkrete Gefahr für dieses Rechtsgut ist nicht erforderlich. Schon die allgemeine Gefährlichkeit des Verhaltens vermag hier eine Strafe zu begründen.
Ein weiteres typisches sogenanntes „abstraktes Gefährdungsdelikt“ ist z.B. die Trunkenheit im Verkehr. Es muss hier nicht zu einer brenzligen Situation oder einem Schaden gekommen sein. Die generelle Gefährlichkeit dieser Tätigkeit ist Grund ihrer Sanktionierung.
Macht man sich strafbar, wenn man vortäuscht, Polizist zu sein?
Spricht man von Amtsanmaßung, ist der klassische Fall, an den man denkt, die Vortäuschung Polizeibeamter zu sein. Und ja, auch das Vorgeben Polizist zu sein kann eine Strafe wegen Amtsanmaßung nach sich ziehen.
So bejahte der BGH in einem Beschluss eine strafbare Amtsanmaßung für den Fall, dass die Angeklagten sich am Telefon als Polizeibeamte ausgaben und Menschen dazu aufforderten, Wertgegenstände zu übergeben, damit diese sichergestellt werden können (Vgl. BGH, Beschluss (5. Strafsenat) v. 11.05.2021 – 5 StR 30/21 in BeckRS 2021, 21353).
Sollten Sie davon erfahren, dass ein Strafverfahren wegen Amtsanmaßung gegen Sie läuft (beispielsweise durch Erhalt einer Vorladung von der Polizei, einer Anklage oder eines Strafbefehls), sollten Sie nicht zu lange zögern, sondern sich professionelle Hilfe suchen, die Ihnen im Strafverfahren zur Seite stehen kann: Ein Strafverteidiger.
■ IM VIDEO ERKLÄRT:
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